Lexikon der Religionen:

Martin Luther

Begründer des reformiert christlichen Glaubens

Als Sohn eines Bergmanns im Kupferbergbau wurde Martin Luther 1483 in Eisleben geboren. Der soziale Aufstieg des Vaters durch Beteiligung an einer Kupfermine ermöglichte dem Sohn das Studium in Erfurt, wo er die üblichen Fächer absolvierte, die zum Magisterium führten.

Martin-Luther-Statue

Thinkstock/iStock/Christina Hanck

Statue, die Martin Luther zeigt

Abneigung gegen päpstlichen Prunk

Als Luther 1505 in ein schweres Gewitter kam, habe er, so erzählt die Überlieferung, gelobt, im Falle des Überlebens Mönch zu werden; er hatte sich jedoch schon davor mit diesem Gedanken getragen. Bald danach trat er ins Kloster der Augustiner-Eremiten in Erfurt ein und begann mit dem Theologiestudium. 1507 wurde Luther zum Priester geweiht und schon 1512 Theologieprofessor in Wittenberg. Zwei Jahre davor, 1510, konnte Luther eine Reise nach Rom machen: Der Prunk um den päpstlichen Hof und die Ausmaße der Peterskirche, die gerade im Bau war, machen einen bedenklichen Eindruck auf ihn.

Der Dominikanermönch Johann Tetzel hatte schon 1504 begonnen, den Ablasshandel groß aufzuziehen: Gegen Geld wurden „Ablassbriefe“ verkauft, die dem Käufer den Nachlass von Sündenstrafen auch für seine verstorbenen Verwandten versprachen. Der Erlös kam zum Teil verschuldeten Bischöfen zugute und wurde etwa zur Hälfte nach Rom zum Bau der Peterskirche überbracht. Für Martin Luther war das der Anlass, sich scharf gegen den Ablasshandel zu positionieren.

Ketzerprozess gegen Luther wegen der „95 Thesen“

Am 31. Oktober 1517 veröffentlichte er 95 Thesen gegen den Ablasshandel und rief die Kirche zur Buße auf. Dass er die Thesen an das Tor der Wittenberger Schlosskirche angeschlagen habe, gehört zu den Legenden. Die Thesen verbreiteten sich schnell, und in Rom wurde ein Ketzerprozess eingeleitet. Kardinal Thomas Cajetan (Dominikaner wie Tetzel) reiste aus Rom an, um Luther zu verhören und zum Widerruf zu bewegen. Luther lehnte ab, verfasste kritische Schriften gegen das Papsttum, gegen Zölibat und Klosterleben und seine berühmte Schrift „Von der Freiheit des Christenmenschen“.

Unterstützung durch Kurfürst Friedrich

1521 verteidigte Luther seine Theologie vor dem Reichstag zu Worms. Eine Bannbulle aus Rom verbrannte er demonstrativ, über ihn wurde die Reichsacht verhängt. Sein Landesherr Kurfürst Friedrich der Weise schütze ihn durch einen fingierten Überfall und setzte ihn auf der Wartburg bei Eisenach fest. In den zehn Monaten auf der Wartburg übersetzte Luther das Neue Testament und die Psalmen ins Deutsche (später auch das Alte Testament), und zwar nicht aus dem Lateinischen der „Vulgata“, sondern aus den damals verfügbaren griechischen und hebräischen Urtexten. Luther wurde dadurch auch zum Begründer der hochdeutschen Schriftsprache.

1522 war er wieder als Professor nach Wittenberg zurückgekehrt. 1534 erschien seine vollständige Bibel-Übersetzung auf Deutsch. Er publizierte unermüdlich, hielt Vorlesungen, dichtete und komponierte Kirchenlieder, die für die Identität der Gemeinden wichtig wurden.

Spaltung der Kirche konnte nicht verhindert werden

Währenddessen breiteten sich die von Luther angeregten Reformen bereits in großen Teilen Deutschlands aus. Die von ihren Grundherren ausgebeuteten Bauern fühlten sich von Luther zum Aufstand bestärkt, aber Luther distanzierte sich – angesichts der grausamen Bauernkriege – und schlug sich 1525 auf die Seite der Fürsten. Im selben Jahr heiratete er die ehemalige Nonne Katharina von Bora (1499 - 1552); mit ihr hatte er sechs Kinder.

Sein Weggefährte Philipp Melanchton (1497 bis 1560) vertrat ihn 1530 auf dem Reichstag von Augsburg und legte dort die „Confessio Augustana“ vor. Der Reichstag war ein letzter vergeblicher Versuch Kaiser Karls V., die Spaltung der Kirche zu verhindern und damit die Einheit des Reiches zu wahren. Das Augsburger Bekenntnis ist bis heute eine Grundschrift der lutherischen Kirchen. Im Februar 1546 starb Martin Luther in Eisleben.

Sola gratia, sola fide, sola scriptura

Die entscheidende frühe Wende seines theologischen Denkens erklärte Luther in einem späteren Bericht mit seinem „Turmerlebnis“ im Augustinerkloster, das er etwa zwischen 1511 und 1513 bei der Lektüre des Römerbriefs in seiner Studierstube gehabt hatte. Ausschlaggebend war die Stelle Röm 1,17, wo Paulus schreibt: „Der Gerechte wird aus dem Glauben leben.“ Demnach sah Luther den Glauben, durch den der Menschen gerecht gesprochen wird, als ein Geschenk der Gnade. Daher können menschliche Anstrengungen (Werkgerechtigkeit) niemals zur Rechtfertigung führen.

Somit wurde bereits vor 1517 das Prinzip „sola gratia“, allein aus Gnade, zur Grundlage evangelischen Glaubens. Dem folgt das zweite Prinzip „sola fide“, allein aus Glauben, als die Entsprechung von Seiten des Menschen: Der gnadenhaft geschenkte Glaube sucht die Antwort des Gläubigen. Mit dem dritten Prinzip, „sola scriptura“, allein durch die Schrift, trat Luther gegen Traditionen auf, mit denen sich die Kirche weit von ihrer Glaubensurkunde, der Bibel, entfernt hatte.

Unüberbrückbare Differenzen mit römischer Kirche

Sein Kampf gegen römische Bevormundung, gegen Zölibat und Klosterwesen, waren dann Äußerungen einer tiefgreifenden Veränderung der Sichtweise auf die Kirche. Mit seiner Theologie wandte sich Luther besonders deshalb gegen die römische Kirche, weil sich diese als einzige und unentbehrliche Gnadenvermittlerin verstand. Davon Abstand zu nehmen, war das Konzil von Trient nicht imstande und begnügte sich mit einigen notwendigen, aber äußerlichen Reformen. Diese grundlegende Differenz trennt die römische Kirche bis heute von den Kirchen der Reformation.

Ambivalenz gegenüber Juden und Muslimen

Ambivalent war Luthers Einstellung zu Juden und Muslimen. Einerseits betonte er, dass Jesus ein geborener Jude ist, andererseits erwartet er, dass sich die Juden zum christlichen Glauben bekehren, den er selbst von allen papistischen Entstellungen befreit hatte. Dass das nicht geschah, verbitterte ihn in seinen alten Tagen und veranlasste ihn zu polemischen Aussagen gegen die Juden.

Luther Auseinandersetzung mit dem Islam stand in unmittelbarem Zusammenhang mit der Expansion des osmanischen Reiches. Auch hier fand er einerseits lobende Worte für die Frömmigkeit der Türken und sah die Bedrohung als Zuchtrute Gottes für die Christen, damit sie Buße tun und sich dem Evangelium zuwenden.

Andererseits nannte er den Islam ein Werk des Satans und bezichtigte den Koran, den er in einer lateinischen Übersetzung kannte, nur Fabeln und Lügen zu enthalten. Dennoch bestand Luther darauf, dass der Krieg gegen die Türken nur und zum Zwecke der Verteidigung, aber nicht wegen ihres falschen Glaubens geführt werden darf. Er wandte sich vehement dagegen, dass die Kirche zu einem Kreuzzug aufruft.

Übersichtsartikel zum Christentum

Siehe dazu auch im ORF-Religionslexikon:

ORF-TVthek-Medienarchiv Christentum

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