Lexikon der Religionen:

Islam in Österreich

Seit 1912 ist der Islam eine in Österreich staatlich anerkannte Religionsgemeinschaft, seit 2013 sind auch die Aleviten anerkannt. 2015 wurde das neue Islamgesetz vom Nationalrat beschlossen.

Bedingt durch die geografische Nähe zum Osmanischen Reich siedelten schon in der Frühen Neuzeit immer wieder Muslime in der Habsburgermonarchie. Seit dem frühen 18. Jahrhundert hatten sie das Niederlassungs- und Handelsrecht, im 19. Jahrhundert wurde auch die Glaubensfreiheit rechtlich verankert.

Als offizielle Glaubensgemeinschaft anerkannt war der Islam jedoch nicht. Dies änderte sich erst mit Besetzung (1878) und der späteren Annexion (1908) von Bosnien-Herzegowina. Durch die Eingliederung Bosnien-Herzegowinas in die Habsburgermonarchie lebten rund 600.000 Muslime in Österreich.

Zunächst nur die hanafitische Rechtsschule anerkannt

Um deren Integration in die Monarchie zu fördern, wurde der Islam 1912 offiziell als Glaubensgemeinschaft in Österreich anerkannt. Neben der öffentlichen Religionsausübung erlaubte das Gesetz den Muslimen vor allem, innere Angelegenheiten selbstständig zu verwalten und kulturelle und religiöse Stiftungen zu gründen. Allerdings berücksichtigte das so genannte Islamgesetz zunächst nur die Anhänger der Hannafitischen Rechtsschule, einer Richtung die vor allem in der Türkei und in Bosnien- Herzegowina vertreten ist.

Am rechtlichen Status der Muslime änderte sich nach dem Ersten Weltkrieg nichts, außer das durch den Wegfall Bosnien-Herzegowinas wesentlich weniger Muslime in der Republik Österreich beheimatet waren, als noch in der Monarchie. Mit dem „Islamischen Kulturbund“ in der Ersten Republik, der „Islamische Gemeinschaft zu Wien“ unter nationalsozialistischer Herrschaft und dem „Verein der Muslime Österreichs“ in den 1950-er Jahren gab es kontinuierlich anerkannte Organisationsstrukturen der Muslime in Österreich, deren Bedeutung und Mitgliederzahl allerdings gering waren.

Zuwachs an Muslimen durch Arbeitsmigration

Erst mit dem Zuzug muslimischer Arbeitsmigranten, politischer Flüchtlinge sowie der internationalen Mitarbeiter von UNO (Vereinte Nationen) und OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) wuchs der Bedarf nach einer offiziellen Vertretung.

Im Jahr 1979 wurde auf der Grundlage des Islamgesetzes von 1912 die Islamische Glaubensgemeinschaft Österreichs (IGGiÖ) ins Leben gerufen, die alle Muslime in Österreich unabhängig von ihrer Zugehörigkeit zu unterschiedlichen Rechtsschulen und Gruppen vertreten sollte. Der Beschränkung der Rechte auf Angehörige der Hannafitischen Rechtsschule wurde aufgehoben und somit alle sunnitischen und schiitischen Gruppen gleichgestellt. Während Politik und Öffentlichkeit die IGGiÖ als Sprachrohr aller Muslime anerkennen, fühlen sich viele muslimische Gruppen von diesem Dachverband jedoch nicht repräsentiert.

Aleviten seit 2013 offiziell anerkannt

So hat sich eine Reihe von Organisationen herausgebildet, welche einzelne muslimische Glaubensrichtungen vertreten. Zahlenmäßig besonders stark ist die Gruppe der Aleviten, was vor allem daran liegt, dass sich die Mehrzahl der türkeistämmigen Migranten in Österreich zum Alevitentum bekennt. Da die Aleviten nicht von allen Muslimen als islamisch anerkannt werden, haben sie einen Antrag auf Anerkennung als eigenständige Bekenntnisgesellschaft gestellt. Seit 2013 ist die Islamische Alevitische Glaubensgemeinschaft in Österreich offiziell als Bekenntnisgesellschaft anerkannt.

Neues Islamgesetz seit 2015

Das neue Islamgesetz wurde 2015 vom Nationalrat beschlossen, das die Rechte und Pflichten der rund einer halben Million Muslime regelt, die heute in Österreich leben. Etwa die Hälfte der Muslime in Österreich sind österreichische Staatsangehörige sind.

Islamische Organisationen in Österreich

Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ)
Bernardgasse 5
1070 Wien
office@derislam.at
www.derislam.at

Türkisch Islamische Union für Kulturelle und Soziale Zusammenarbeit in Österreich (ATiB)
Sonnleithnergasse 20
1100 Wien
office@atib.at
www.atib.at (türkisch)

Islamische Föderation Wien (IFW)
Rauchfangkehrergasse 36
1150 Wien
info@ifwien.at
www.ifwoen.at

Union islamischer Kulturzentren (UIKZ)
Pelzgasse 9
1150 Wien
office@uikz.org
www.uikz.org

Islamische Alevitische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IAGÖ)
Schererstraße 4
1210 Wien
info@aleviten.at
website: www.aleviten.at

Dachverband der Bosniaken in Österreich
Arndtstrasse 28/2
1120 Wien
office@iuba.at
www.izba.at

Buchhinweise

  • Alexander Janda und Matthias Vogel (Hrsg.): Islam in Österreich. Publikation des Österreichischen Integrationsfonds, 2010.
  • Thomas Schmidinger: „Islam in Österreich zwischen Repräsentation und Integration“. In: Andreas Khol et al. (Hrsg.), Österreichisches Jahrbuch für Politik 2007. Böhlau, Wien 2008. S. 235-254.

Weitere Übersichtsartikel zum Islam

Siehe dazu auch im ORF-Religionslexikon:

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