Lexikon der Religionen:

Theravada

Als „Schule der Ältesten“ eine große Strömung im Buddhismus

Die Schule des Theravada (Lehre der Ältesten) ist eine der Hauptströmungen des frühen Buddhismus und die einzige Schule des Kleinen Fahrzeugs (Hinayana), die bis heute besteht. Sie beruft sich darauf, die ursprüngliche Lehre des Buddha erhalten zu haben und ist heutzutage in Thailand, Myanmar, Laos, Kambodscha, Sri Lanka und Vietnam verbreitet. Die Schriften des Theravada sind in Pali, einer altindischen Sprache, verfasst. Der Palikanon gilt als die älteste vollständig erhaltene Sammlung von buddhistischen Schriften.

Entstehung des Theravada

Theravada (Lehre der Ältesten), auch als südliche Tradition bezeichnet, führt seine Wurzeln auf die Gemeinschaft der Ältesten (Sthavirada) zurück. Diese akzeptierten nur den Tripitaka (drei Körbe von Lehrreden, die in Form des Palikanon erhalten sind) als rechtmäßige Grundlage, während die Gruppierung der Mahasanghikas sich nicht auf einen festgelegten Kanon von Schriften einigen wollte.

Die „drei Körbe“ des Palikanon

  • Suttapitaka: Lehrreden
  • Vinayapitaka: Ordensregeln
  • Abhidhammapitaka: Erläuterungen

Neben dem Streit über die verbindlichen Schriften dürften auch unterschiedliche Auslegungen der buddhistischen Lehre (Dharma) und der Mönchsregeln (Vinaya) zur Spaltung der Mönchsgemeinde (Sangha) beigetragen haben. Schon zu Zeiten des buddhistischen Königs Ashoka, der von 268 bis etwa 240 v. Chr. in Indien regierte, soll es 18 unterschiedliche Schulen gegeben haben. König Ashoka war ein großer Förderer des Buddhismus, der zur Verbreitung der buddhistischen Lehre über Indien hinaus beitrug. Sein Sohn Mahinda soll den Theravada nach Sri Lanka gebracht haben. Dort wurde ca. 100 v. Chr. der Palikanon schriftlich niedergelegt, der bis dahin ausschließlich mündlich überliefert wurde. Von Sri Lanka aus verbreitete sich der Theravada-Buddhismus in Südostasien (v. a. Myanmar und Thailand).

Drei Arten von Erleuchtung

Im Theravada besteht das Ziel darin, ein Arhat (Würdiger) zu werden. Ein Arhat ist jemand, der die Erleuchtung (Bodhi) erlangt hat und nicht mehr wiedergeboren wird. Im frühen Buddhismus wird kein Unterschied zwischen der Erleuchtung des Buddha und der Erleuchtung seiner Schüler gemacht. Für den Theravada steht der Arhat spirituell auf einer Stufe mit Buddha. Dennoch war der Buddha in gewisser Hinsicht stets ein herausragender Arhat, der mit zahlreichen weiteren Ehrentiteln betraut wurde und besondere Qualitäten verkörperte.

Schließlich kam es zur Unterscheidung von drei Arten der Erleuchtung, die alle gleichermaßen anerkannt waren:

  • Sravaka bedeutet wörtlich Hörer und bezeichnet den Praktizierenden, der die Lehren eines Buddha (Erwachten) benötigt, um ein Arhat (Würdiger) zu werden. Ein Arhat hat Nirvana verwirklicht und wird nicht wiedergeboren.
  • Pratyeka-Buddha bedeutet wörtlich Einzelerwachter. Dieser verwirklicht Erleuchtung (Bodhi) „für sich“ und ohne Unterweisung eines Buddha. Er gibt sein Wissen jedoch nicht an andere weiter.
  • Samyak-Sambuddha bedeutet wörtlich vollkommen Erwachter. Dieser hat wie der Pratyeka-Buddha die Erleuchtung ohne Hilfe erreicht. Allerdings hat er die Fähigkeit, den Dharma weiterzugeben und andere Wesen zur Erleuchtung zu führen.

„Weg des Hörens“ höchstes erreichbares Ziel

Grundsätzlich gleichen sich alle drei Arten der Erleuchtung vom qualitativen Standpunkt her. Jedoch gelten Pratyeka-Buddha und Samyak- Sambuddha als selten, weil nur wenige Menschen diese Art der Erleuchtung verwirklichen können. Der Samyak-Sambuddha genießt die höchste Autorität, weil er es versteht, andere auf dem Weg zum Erwachen zu begleiten. Der Weg des Hörens (Sravaka) wurde in der Tradition des Theravada besonders betont, denn er galt als höchstes erreichbares Ziel für normal begabte Menschen. In der buddhistischen Strömung Mahayana wurde der Weg des Hörens als niedrigere Form des Erwachens betrachtet und stattdessen betont, dass jeder Buddhist danach streben solle, ein Samyak-Sambuddha (vollkommen Erwachter) zu werden.

In allen buddhistischen Schulen wird davon ausgegangen, dass in der Vergangenheit schon viele Samyak-Sambuddhas existiert haben und dass auch in der Zukunft Buddhas auftauchen werden. In jedem Zeitalter (Kalpa) erscheint ein neuer Buddha. Der Buddha des gegenwärtigen Zeitalters ist Siddhartha Gautama Buddha. Der Buddha der Zukunft heißt Buddha Maitreya.

Die fünf Tugenden (Pancasila)

  1. nicht töten
  2. nicht stehlen
  3. kein sexuelles Fehlverhalten
  4. nicht lügen
  5. keine berauschenden Mittel einnehmen

Die Rolle der Laien

In der Tradition des Theravada haben die Laien die Aufgabe, den Mönchsorden zu versorgen und die fünf Tugenden (Pancasila) zu üben. Die Erfahrung des Erwachens (Bodhi) ist in dieser Tradition den Mönchen vorbehalten. Diese werden von den Laien mit Nahrung, Kleidung und Unterkunft ausgestattet. Dadurch sammeln die Laien positives Karma an, das zu Glück in der Zukunft und einer besseren Wiedergeburt (z. B. in einem Himmel oder in einem Leben, in dem der Eintritt in den Orden möglich ist) führt - mehr zum Thema Wiedergeburt im Eintrag Samsara. Im Gegenzug geben die Mönche Unterweisungen in der buddhistischen Lehre und führen zu bestimmten Anlässen religiöse Riten durch.

Übersichtsartikel zum Buddhismus

Siehe dazu auch im ORF-Religionslexikon: