Kevin von Glendalough
Gedanken für den Tag 16.1.2018 zum Nachhören:
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Das ferne Irland bildete damals ein abgeschirmtes spirituelles Biotop, in dem sich ein reiches keltisches Erbe fruchtbar mit dem Christlichen mischte. Eine faszinierende Blüte dieser Bestäubung waren Leitfiguren von ungewohntem Zuschnitt: mitunter jähzornig, nicht selten hinterlistig. Ihre Heiligkeit speiste sich weniger aus moralischer Perfektion denn aus Visionen und erstaunlichen körperlichen Leistungen. Von Kevin etwa wird berichtet, er habe so lange mit ausgestreckten Armen gebetet, dass eine Amsel in seiner Handfläche ein Nest zu bauen begann. Er verharrte daraufhin in der Haltung, bis die Jungen geschlüpft waren. Tiere seien ihm überhaupt die liebere Gesellschaft gewesen als Menschen.
Rupert Klieber
ist Kirchenhistoriker an der Universität Wien
Keine irischen Märtyrer
Askese nach irischem Muster bedeutete nicht Weltverachtung, vielmehr Körperbeherrschung und diente dazu, den Geist in einen Zustand zu versetzen, der Kontakt mit dem Überirdischen erlaubte. Sie war verzückt von der Natur und enthielt einen gehörigen Schuss Ironie: Der Heilige und Narr als zwei Seiten einer Medaille.
Der frühe irische Heiligenhimmel ist reich bevölkert, zählt in seinen Reihen aber keine Märtyrer; niemand wurde hier umgebracht, weil er Christ wurde. Man ersann daher eine neue Form des „Zeugnisses für Christus“: Für immer fortzugehen von der geliebten schönen Insel. Das wiederum führte zur Verbreitung solcher Geschichten und ihrer Botschaft: Dass nicht griesgrämige Kostverächter heile Menschen sind sondern jene, die das Staunen über den Reichtum des Lebens einfühlsam und anspruchslos werden lässt. Nicht nur Künstler wie Seamus Heaney, Nobelpreisträger für Literatur 1995, lassen sich bis heute davon inspirieren.
Musik:
Hille Perl und Marthe Perl: „Flag of Fire“ / Trad. Irland - arr. für 2 Gamben von Hille Perl
Label: Sony Music 88843033682