Verratener Nationalheiliger

Seit dem Ende der Sklaverei herrschte in den Vereinigten Staaten die Segregation, die strikte Trennung von Menschen nach weißer und schwarzer Hautfarbe. In Zügen, Bussen, Restaurants, Hotels, Parks, Theatern, Sportstätten und Büchereien wiesen Schilder mit der Aufschrift Whites only oder Colored den Afroamerikanern ihren Platz zu.

Gedanken für den Tag 7.4.2018 zum Nachhören:

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Anfang der 1960er Jahre geriet dieses System durch die Massenproteste der Bürgerrechtsbewegung ins Wanken. Am 2. Juli 1964 setzte Präsident Lyndon B. Johnson den Civil Rights Act in Kraft. Damit wurde die Rassentrennung in allen Bereichen des öffentlichen Lebens verboten. Auch privaten Arbeitgebern wurde jede Diskriminierung aufgrund der Hautfarbe untersagt.

Kurt Remele
ist Professor für Ethik und christliche Gesellschaftslehre an der Universität Graz. Derzeit ist er Gastwissenschaftler an der Universität Oxford.

Traum einer „farbenblinden“ Gesellschaft

Martin Luther King, bedeutendster Repräsentant der Bürgerrechtsbewegung und Friedensnobelpreisträger, stieg nach seinem Tod vom Landesverräter und vielfach inhaftierten Kriminellen zum Nationalheiligen auf: Seit 1986 ist der dritte Montag im Jänner ein nationaler Feiertag zu seinen Ehren. Am National Mall, dem langgezogenen Park im Zentrum Washingtons, wird King mit einem gewaltigen Denkmal gewürdigt. Barack Obama, der erste afroamerikanische Präsident der USA, hat dieses im Oktober 2011 offiziell der Öffentlichkeit übergeben.

Doch die Frage bleibt, ob es nicht der einfachste Weg war, King loszuwerden, indem man ihn verehrte statt sein Anliegen konsequent weiterzuverfolgen. Wie die jüngste Geschichte zeigt, sind die USA von Kings Traum einer gleichsam „farbenblinden“ Gesellschaft nach wie vor meilenweit entfernt. Stephen Trasher, renommierter Journalist des britischen „Guardian“, stellte erst vor kurzem nüchtern fest: „Weiße Amerikaner haben Proteste gegen Rassendiskriminierung niemals wirklich leiden können, und sie konnten auch King nicht besonders leiden, als er noch lebte.“

Musik:

Shaquille O’Neal, Peter Gunz und Sherry Watson: „It was all a dream“ von Dave Atkinson, Ross Sloan, Sean Hamilton, Peter Pankey und Shaquille O’Neal
Label: Hip-O Records/BMG HIP 40101