Hingabe an eine schöne Kraft

„Wunder /.../ sind das Nötige, das rechtzeitig geschieht.“ Dieser bemerkenswerte Satz steht in Marianne Grubers „Esras abenteuerliche Reise auf dem blauen Planeten“.

Gedanken für den Tag 19.5.2018 zum Nachhören:

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Es ist ein Kinderbuch, das, wie alle guten Kinderbücher, noch anderes und mehr ist als das. Überlässt man sich ihm, tritt man eine Reise an, nicht nur die im Titel angekündigte, sondern die Reise ins Staunen, ins Wundern und ins Wunderbare.

Ingrid Pfeiffer
ist Autorin und Kunsthistorikerin

„Wär nicht das Auge sonnenhaft...“

Aber ist es nicht eine Anmaßung, über die Rechtzeitigkeit von Wundern etwas wissen zu wollen, frage ich mich immer wieder in all den Jahren, in denen mich dieser Satz schon wie ein gutes Omen begleitet. Doch es geht nicht um eine intellektuelle Anstrengung, sondern um ein Wahrnehmen und Erkennen, und sofort kehrt das Vertrauensvolle dieses Satzes wieder zu mir zurück. Wenn es da ist, das Wunder, erkenne ich mit ihm auch seinen unvertauschbaren, richtigen Moment. Mit einem großen, dankbaren Aufatmen soll es begrüßt werden: Ah! Da ist es also. Das ist es also. Gleich nach der Überraschung bringt das Wunder, wenn ich es recht besehe, auch einen Auftrag. Denn nun gilt es, mit dem Erkennen und dem Erkannten zu leben – und das kann nur heißen: anders zu leben als bisher.

Ein Satz Goethes steigt dazu aus dem Erinnerungsfundus auf: „Wär nicht das Auge sonnenhaft,/ die Sonne könnt es nie erblicken.“ Ich erfahre, worauf ich gestimmt bin, was mir zugesagt ist, und verstehe es als Zusage und Zuspruch, als Versprechen und Ermutigung. Vertrauen und Hingabe sind gefragt. Ich soll mich also verlassen, verlassen als Gegenteil von weggehen, nämlich im Sinn von näherkommen, dorthin, wo man sich gehen lassen kann. Ein frohes Bei-Sich-Sein ist das und nur deswegen ein Über-Sich-Hinaus-Sein.

Musik:

Stanislav Bunin/Klavier: „Arabeske für Klavier in C-Dur op. 18“ von Robert Schumann
Label: DG 4273152