Diakonie gegen Sterbehilfe-Verbot in Verfassung

Die Diakonie Österreich spricht sich am Dienstag in einer Aussendung gegen eine Verankerung des Verbots der Tötung auf Verlangen aus. Das Verfassungsrecht sei kein geeignetes Mittel, so Diakonie-Direktor Michael Chalupka.

„Tötung auf Verlangen ist in Österreich strafrechtlich verboten, das ist ausreichend“, zitierte Direktor Michael Chalupka die Diakonie-Stellungnahme an die parlamentarische Enquetekommission „Würde am Ende des Lebens“, die am Mittwoch ihre erste Arbeitssitzung abhält. „An diesem strafrechtlichen Verbot soll aus Sicht der Diakonie weder gerüttelt werden, noch soll es in Verfassungsrang gehoben werden“, so Chalupka, denn das Verfassungsrecht sei kein geeignetes Mittel, um derartige weltanschauliche bzw. ethische Konflikte im demokratisch-pluralen politischen Gemeinwesen zu lösen.

Zudem sei zu bedenken, dass es im medizinischen Alltag aufgrund der Komplexität der Situationen immer wieder zu Unsicherheiten komme, welches medizinische Tun oder Unterlassen ein Verstoß gegen das Verbot der aktiven Sterbehilfe ist. Eine Verankerung in der Verfassung würde zu dieser Verunsicherung beitragen und womöglich das Patientenverfügungsgesetz aushöhlen.

Entscheidungsspielraum für den Einzelnen

„Sowohl für PatientInnen und ihre Angehörigen, als auch für ÄrztInnen sind diese Situationen komplex und emotional belastend. Man kann ihnen kaum durch strikte oder eng umrissene rechtliche Regelungen vom grünen Tisch aus gerecht werden. Aus evangelischer Sicht ist dem Gewissen der Einzelnen ein Entscheidungs- und Handlungsspielraum einzuräumen,“ so Chalupka.

Entsprechend fordert die Diakonie Österreich in ihrer Stellungnahme, „extreme Einzelfälle, in denen sich Dritte angesichts des Leides und des Bittens Sterbewilliger in unerträglichen Gewissenskonflikten wiederfinden, nicht zu übergehen“. Statt einer Verfassungsdebatte tritt die Diakonie für eine Diskussion darüber ein, wie solchen „tragic choices“ besser entsprochen werden kann.

Hier verweist die Diakonie auch auf die Position der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE): „Dem Umstand, dass moralische Tragödien vorkommen können, ... könnte eher durch den rechtlichen Ausweg entsprochen werden - wie es tatsächlich in einigen Ländern der Fall ist -, seltene und extreme Fälle strafrechtlich nicht zu verfolgen und daher die fälligen Rechtswege nicht zu befolgen.“

Hospiz- und Palliativwesen: Noch einiges zu tun

Die Prüfung von Möglichkeiten des Ausbaus des Hospiz- und Palliativwesens begrüßt die Diakonie Österreich ausdrücklich. „Hospiz- und Palliativversorgung sind in Österreich nicht flächendeckend verfügbar und nicht ausreichend öffentlich finanziert. Hier gibt es einiges zu tun“, so Chalupka.

Doch warnt die Diakonie gleichzeitig vor „falschen Alternativen“: "Die Diskussion in Österreich wird - unter der Überschrift „Ausbau der Palliativversorgung statt aktive Sterbehilfe" - als eine Entweder-oder-Debatte geführt. Doch weder führt eine striktere rechtliche Ausgestaltung des Verbots der Tötung auf Verlangen automatisch zu einem besseren Ausbau des Hospiz-und Palliativwesens, noch entbindet der Ausbau von Hospiz- und Palliativversorgung von der gesellschaftlichen Debatte über Formen der aktiven Sterbehilfe.“

20.000 Unterschriften für Sterbehilfeverbot

Insgesamt 20.700 Österreicher haben bisher die parlamentarische Bürgerinitiative „An der Hand“ für ein Sterbehilfe-Verbot im Verfassungsrang und eine flächendeckende Hospiz- und Palliativversorgung unterzeichnet, wie Kathpress am Dienst berichtete - mehr dazu in 20.000 Unterschriften für Sterbehilfeverbot in Verfassung.

religion.ORF.at

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