Waldenser-Methodisten treffen Papst im Vatikan

Am Samstag soll Papst Franziskus erstmals einer Delegation der protestantischen Waldenser-Methodisten Waldenser im Vatikan empfangen. Das kündigte der Pressedienst der italienischen evangelischen Kirchen NEV am Dienstag an.

„Das ist eine Gelegenheit, den ökumenischen Dialog, der auch unter Papst Franziskus einen neuen Schub erhält und sichtbar zunimmt, zu konkretisieren“, so Pastor Eugenio Bernardini, Moderator der „Tavola Valdese“, dem wichtigsten Gremium der Waldenser-Methodisten in Italien.

Im Juni 2015 hatte Franziskus in Turin als erster Papst ein Gotteshaus der protestantischen Waldenser betreten und dort um Vergebung für die Gewalt und die Repressionen gegen die Glaubensgemeinschaft durch die römisch-katholische Kirche gebeten.

Papst Franziskus beim Besuch der Waldenser-Kirche in Turin

Reuters/Alessandro Garofalo

Papst Franziskus beim Besuch der Waldenser-Kirche 2015 in Turin

Als Ketzer verfolgt

Die im 12. Jahrhundert vom Lyoner Kaufmann Petrus Valdes (um 1140-1206) gegründete Glaubensgemeinschaft wurde über Jahrhunderte unterdrückt und ihre Mitglieder von der katholischen Kirche, namentlich der Inquisition, als Häretiker (Ketzer) verfolgt. Sie zählt heute rund 100.000 Mitglieder, die meisten von ihnen leben in Italien.

Vermutlich um 1175 fasste Petrus Valdes den Entschluss, so zu leben, wie Jesus es seinen Aposteln geboten hatte. Seine Bekehrung war ein Ausdruck der starken religiösen Strömung dieser Zeit, wieder zur Urkirche zurückzukehren und ein apostolisches Leben zu führen. Valdes ließ Teile der Bibel und Auszüge aus Heiligengeschichten in den provenzalischen Dialekt übersetzen und wanderte bettelnd als Bußprediger durchs Land. Bald schlossen sich ihm viele Menschen an.

Revolutionäre des Mittelalters

Wegen eigenmächtiger Predigt und anderer „Missbräuche“ vom Erzbischof von Lyon zur Verantwortung gezogen, wandte sich Waldes an das Laterankonzil von 1179. Papst Alexander III. lobte das Armutsgelübde, verbot den Waldensern aber die Glaubenspredigt und erlaubte die Sittenpredigt nur unter Aufsicht des Klerus. Die Waldenser setzten sich aber bald über diese Einschränkungen hinweg und wurden so 1184 von Papst Lucius III. exkommuniziert.

Vom 13. bis zum 15. Jahrhundert breiteten sich die Waldenser in weiten Teilen West- und Mitteleuropas aus. Man konnte sie etwa in Italien, Deutschland, Böhmen, Polen, Ungarn, der Schweiz und in Österreich antreffen. Sie verwarfen mit der Zeit die kirchliche Lehrautorität, Hierarchie, Traditionen und - abgesehen von der Buße, Taufe von Erwachsenen und dem Abendmahl - die katholische Sakramente. Sie lehnten Heiligen-, Bilder-, und Reliquienverehrung genauso ab wie Fürbitten, Messen für Verstorbene, Ablass, Kriegsdienst und die Todesstrafe.

Anerkennung im 19. Jahrhundert

Da die Waldenser als Ketzer verfolgt wurden, konnten sie sich letztlich nur in einigen piemontesischen Alpentälern behaupten. Im Jahre 1532 schlossen sich die verbleibenden Anhänger der Reformation an. Seit 1562 gab es Waldenser nur noch in den Cottischen Alpen, die damals teilweise zu Frankreich, teilweise zu Savoyen-Piemont gehörten.

Ende des 17. Jahrhunderts mussten viele französischen Waldenser auf Grund von Verfolgung und Vertreibung Zuflucht in Deutschland suchen. Im 19. Jahrhundert emigrierten viele Waldenser aus Piemont nach Amerika. Nach der Zuerkennung ihrer religiösen Rechte im Jahre 1848 breitete sich die Waldenserkirche über ganz Italien aus. 1975 gingen die italienischen Waldenser mit Italiens Methodisten zusammen. Bei den Waldensern sind Frauenpriestertum und die Segnung homosexueller Paare möglich.

religion.ORF.at/KAP/APA

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