Integrationsgesetz: Viel Kritik an Burkaverbot

Die Islamische Glaubensgemeinschaft (IGGÖ) sieht in dem geplanten Integrationsgesetz, das ein Gesichtsverhüllungsverbot vorsieht, einen Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens, der Religionsfreiheit und der Meinungsäußerungsfreiheit.

Darüber hinaus lehnt die Glaubensgemeinschaft auch jenen Passus ab, der Polizisten, Richtern und Staatsanwälten das Tragen besonders sichtbarer religiöser Symbole wie das Kopftuch untersagen soll. Am Ende der Begutachtungsfrist zum von SPÖ und ÖVP geplanten Integrationsgesetz gab es am Donnerstag einiges an Kritik. Das Sammelgesetz sieht unter anderem ein verpflichtendes Integrationsjahr, mehr Deutschkurse, gemeinnützige Arbeit für Asylberechtigte sowie ein Burkaverbot im öffentlichen Raum vor.

„Ungeeignet, unverhältnismäßig“

Widerstand gibt es vor allem gegen das vorgesehene Verbot der Vollverschleierung im öffentlichen Raum. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hält das Anti-Gesichtsverhüllungsgesetz für den „negativen Höhepunkt“ des Gesetzespakets und lehnt dieses als „ungeeignet, unverhältnismäßig, diskriminierend, kontraproduktiv und nicht zuletzt grundrechtswidrig“ ab.

Die Dokumentationsstelle für Muslime der IGGÖ vermutet in ihrer Stellungnahme, dass das Vollverschleierungsverbot betroffene Frauen „in die Isolation“ treiben werde. Auch die Arbeiterkammer befürchtet, „dass die vorgesehene Regelung weniger die soziale Teilhabe dieser Frauen als vielmehr ihren völligen Ausschluss aus dem öffentlichen Raum zur Folge hat“.

Recht auf Religionsfreiheit „verletzt“

Die Agenda Asyl, hinter der die Asylkoordination, die Diakonie, das Integrationshaus, SOS Mitmensch sowie die Volkshilfe stehen, sieht durch die Maßnahme das verfassungsrechtlich geschützte Recht auf Religionsfreiheit (Artikel 9 der Menschenrechtskonvention) sowie auf freie Gestaltung der Lebensführung (Artikel 8 EMRK) verletzt.

Die Österreichische Rechtsanwaltskammer lehnt das Anti-Gesichtsverhüllungsgesetz rundum ab - als „Ausdruck eines Erziehungsstaates, ein Staatsmodell, das im Widerspruch zu den im Integrationsgesetz betonten Werten einer rechtsstaatlichen Demokratie steht“. Die Regelung sei „gleichermaßen unnötig wie ungeeignet und grundrechtlich bedenklich“.

Auch Motorradfahrer betroffen?

Ohne jeden sachlichen Grund würden die Grundrechte der Gewissensfreiheit und Freiheit des Privatlebens in verfassungswidriger Weise eingeschränkt. Und da versucht worden sei, religionsneutral zu formulieren, wäre davon zum Beispiel auch ein Motorradfahrer betroffen, der nach der Fahrt mit Helm auf dem Kopf durch eine Fußgängerzone geht, warnen die Rechtsanwälte.

Das Vollverschleierungsverbot soll mit 1. Juli in Kraft treten und sieht bei Verstößen eine Verwaltungsstrafe von 150 Euro vor. Das Innenministerium plädiert in seiner Stellungnahme für „eine gewisse Legisvakanz“ und regt ein Inkrafttreten erst mit Herbst 2017 an. Es seien nämlich noch entsprechende Vorbereitungs- und Schulungsmaßnahmen zu ergreifen.

religion.ORF.at/APA

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