Grab Jesu nach Renovierung neu eingeweiht

Rechtzeitig vor dem Osterfest sind die Arbeiten an der Grabeskirche in Jerusalem abgeschlossen: Nach einer umfangreichen Restaurierung wurde die Grabkapelle über dem Jesus-Grab in einer feierlichen Zeremonie neu eingeweiht.

Bei der Eröffnungsfeier des heiligen Grabes am Mittwoch traten zahlreiche religiöse Würdenträger, darunter der griechisch-orthodoxe Patriarch Theophilos III., der armenisch-apostolische Patriarch Nourhan Manougian und der Administrator des lateinischen Patriarchats, Erzbischof Pierbattista Pizzaballa, gemeinsam auf. Ebenfalls anwesend war der Patriarch von Konstantinopel, Bartholomaios I.

Die renovierte Grabeskirche in Jerusalem

APA/AP/Sebastian Scheiner

Die renovierte Grabeskirche in Jerusalem

„Gabe für die ganze Welt“

„Dies ist nicht nur eine Gabe für das Heilige Land, sondern für die ganze Welt“, sagte Patriarch Theophilos III. bei der Eröffnungszeremonie, an der unter anderen der griechische Regierungschef Alexis Tsipras teilnahm. „Es war ein ganz starkes Zeichen der Ökumene“, sagte Pater Nikodemus Schnabel, Leiter der Dormitio-Abtei in Jerusalem, nach der Feier. „Kirchen, die sich sehr kritisch beäugt und verletzt haben in den letzten Jahrhunderten, die haben jetzt gemeinsam den heiligsten Ort der Christenheit konserviert und restauriert.“

Christliche Kirchenwürdenträger und der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras (Mitte) bei der Neueinweihung der Grabeskirche in Jerusalem

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Kirchenwürdenträger und der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras (Mitte) bei der Neueinweihung der Grabeskirche in Jerusalem

Die Grabkapelle in der Grabeskirche steht nach christlicher Überlieferung an dem Ort, an dem Jesus gekreuzigt und vor seiner Auferstehung begraben wurde. Die zehnmonatigen Arbeiten an der Grabkapelle waren im Einverständnis von Katholiken, Orthodoxen und Armeniern erfolgt. Es handelte sich um die ersten Instandsetzungsarbeiten in Jerusalem, die Katholiken, Orthodoxe und Armenier gemeinsam getragen haben.

Kapelle nun erdbebensicher

Nach der millionenschweren Restaurierung der Grabkapelle ist der Ort nun sogar erdbebensicher. Feuchtigkeit und Wärme durch Kerzen hatten dem Bau seit Jahrzehnten zu schaffen gemacht. Für die Arbeiten kamen extra Experten aus Griechenland. Für die Restaurierung war auch erstmals seit mindestens 1810 das Grabmal geöffnet worden, bei dem es sich der christlichen Überlieferung zufolge um das Grab Jesu handelt.

Das vermutete Grab Jesu in der Grabeskirche in Jerusalem

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Die Stelle, an der Christen das Grab Jesu vermuten, in der Grabeskirche

Restaurierung seit 1927 ausständig

Die Restaurierungsarbeiten an der Ädikula-Kapelle, eines antiken Tempels mit einer Kultnische, hatten im Mai 2016 begonnen. Die Kapelle wurde von den Stahltraversen befreit, mit denen sie 1947 von den britischen Mandatsbehörden abgesichert worden war, um die Auswirkungen des katastrophalen Erdbebens von 1927 in den Griff zu bekommen.

Grabes- und Auferstehungskirche

Die Grabeskirche in der Jerusalemer Altstadt zählt zu den wichtigsten Orten der Christenheit. Christen verehren dort den Ort der Kreuzigung, Grablegung und Auferstehung Jesu. Orthodoxe Christen sprechen nicht von der Grabes-, sondern von der Auferstehungskirche („Anastasis“).

Bei dem kleinen Gebäude mit der Kuppel hatte es bereits seit Jahrzehnten Probleme mit der Statik gegeben. Feuchtigkeit hatte die Steine porös werden lassen.

Weitergehende Restaurierungsarbeiten waren bereits damals geplant gewesen, konnten aber aufgrund der Uneinigkeit zwischen Katholiken, Orthodoxen und Armeniern sowie politischen Gründen nicht vollendet werden. Der provisorische Zustand von 1947 blieb deswegen Jahrzehnte hindurch erhalten.

Geheimverhandlungen über Restaurierung

Erst nach Geheimverhandlungen in Athen im März 2016 wurde eine Übereinkunft erzielt, die eine Aufnahme gründlicher Restaurierungsarbeiten möglich machte. Die Drohung der israelischen Behörden, die „Anastasis“ (Auferstehungskirche, wie sie von den Orthodoxen genannt wird) wegen Einsturzgefahr der Grabkapelle zu schließen, soll wesentlich zu den vertraulichen Verhandlungen in Athen beigetragen haben.

Schrein wieder in „Farbe der Hoffnung“

Nun hat das Expertenteam von der Technischen Universität in Athen unter der Leitung von Antonia Moropoulou unter anderem Risse im Fels mit speziellem Mörtel aufgefüllt. Zehn Monate lang reinigten, stützten und reparierten sie das alte Gebäude. Außerdem wurden die Steinplatten vom Ruß der Pilgerkerzen gereinigt. Vor der Restaurierung sei das Monument „ganz schwarz“ davon gewesen, erläuterte die Chefrestauratorin Moropoulou der Nachrichtenagentur AFP. Nun trage der Schrein wieder „seine wirkliche Farbe, die Farbe der Hoffnung“, einen warmen rötlich-gelben Farbton.

Die renovierte Grabeskirche in Jerusalem

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Ein Expertenteam aus Athen zeichnet für die Renovierung verantwortlich

Die Kosten liegen bei knapp 3,5 Millionen Euro, die katholische, die griechisch-orthodoxe und die armenisch-apostolische Kirche tragen diese gemeinsam, unterstützt durch Sponsoren. Die Grabkapelle war während der Arbeiten fast die gesamte Zeit zugänglich. Jährlich ist die Kirche Ziel Hunderttausender Besucher. Sie zählt zum UNESCO-Welterbe.

Erste Kirche unter Kaiser Konstantin

Nach Erkenntnissen der modernen Archäologie spricht vieles dafür, dass das Grab des historischen Jesus tatsächlich auf dem Gelände der Kirche gelegen haben könnte. Die erste Kirche an dieser Stelle wurde unter Kaiser Konstantin im Jahr 335 geweiht. Dort hatte man ein Grab mit einer Kammer gefunden, das den biblischen Beschreibungen entsprach. Konstantins Mutter Helena gab daraufhin den Auftrag zu dem Bau. Es ist ebenjenes Grab, das dieser Tage offengelegt und restauriert wurde.

Nach Zerstörungen im 7. sowie im 11. und 19. Jahrhundert kam es jeweils zu Wiederaufbauten und Ergänzungen. Dabei entstand ein unübersichtliches Gewirr aus kleineren Kirchen, Kapellen und Anbauten.

Besitz mehrerer Konfessionen

Prägend für den heutigen, überwiegend hellenistischen Baustil waren Veränderungsmaßnahmen im 12. und im 19. Jahrhundert, nachdem 1808 ein Feuer die Rotunde über der mutmaßlichen Grabstelle zerstörte. Insgesamt erstrecken sich die Gebäudepartien über eine Fläche von etwa 100 mal 120 Metern. Nicht alle sind zugänglich.

Die Grabeskirche ist heute gemeinsamer Besitz verschiedener Konfessionen. Die größten Teile entfallen auf griechisch-orthodoxe, westlich-katholische (lateinische) und armenisch-orthodoxe Christen. Wenige Partien gehören koptischen, syrischen und äthiopischen Orthodoxen. Immer wieder gab es zwischen den Konfessionen Streit um Ausgestaltung oder Nutzung des Gotteshauses. Deshalb schreibt seit 1852 ein von den damals osmanischen Machthabern erlassener Status quo die jeweiligen Ansprüche fest.

religion.ORF.at/KAP/dpa/AFP

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