Caritas nimmt künftige Regierung in die Pflicht

Die Caritas hat den ersten Welttag der Armen am Sonntag zum Anlass genommen, die künftige Regierungspolitik an ihre Verantwortung in der Sozialpolitik zu erinnern.

In einer gemeinsamen Pressekonferenz am Freitag forderten Präsident Michael Landau und seine Vorgänger Franz Küberl und Helmut Schüller Maßnahmen bei der Mindestsicherung, dem Arbeitsmarkt, im Pflegebereich sowie gegen Steuerhinterziehung.

Armut bekämpfen, nicht Armutsbetroffene

„Der Grundwasserspiegel der Mitmenschlichkeit muss auch in Zukunft hoch bleiben“, appellierte Landau an die derzeitigen Koalitionsverhandler sowie den neu konstituierten Nationalrat. Darum müsse auch mit dem „Erbe des Sozialstaats“ sorgsam umgegangen werden. Etwa bei der Mindestsicherung, wo die Caritas nicht zum ersten Mal eine bundesweit einheitliche Regelung forderte. Nicht die Armutsbetroffenen müssten bekämpft werden, sondern die Armut.

Caritas-Präsident Michael Landau (Mitte) und die früheren Caritas-Präsidenten Franz Küberl (links) und Helmut Schüller (rechte)

APA/Hans Punz

Franz Küberl, Michael Landau und Helmut Schüller (v.l.) appellieren an den Erhalt des Sozialstaats

Sanktionen auch für Steuerflucht gefordert

Nicht anders sieht es laut dem amtierenden Caritas-Präsidenten bei der Arbeitslosigkeit aus. Diese gehe zwar zurück, sei aber noch immer viel zu hoch. Weiters fordert Landau, geringe Einkommen zu entlasten. Die Abschaffung des Pflegeregresses sei zudem nach wie vor nur ein erster Schritt in diesem reformbedürftigen Bereich. Auch Steuerflucht müsse bekämpft werden. Während „Sozialmissbrauch“ sanktioniert werde, handle es sich dabei lediglich um ein Kavaliersdelikt.

Landaus Vorgänger Küberl sprach direkt ÖVP-Obmann Sebastian Kurz an. Dieser habe am Wahlabend für ein respekt- und würdevolles Miteinander in der Politik plädiert. „Er hat den Satz zu früh abgebrochen“, meinte aber der ehemalige Caritas-Präsident: Dieser Umgang müsse gegenüber allen Menschen in Österreich gepflogen werden. Eine Aufforderung Küberls erging aber auch an die österreichischen Bischöfe, die über einen weiteren Sozialhirtenbrief nachdenken sollten.

Kein Sozialstaat „slim fit“

Auch Schüller sprach die künftige Regierung direkt an: „Alle, die versuchen, den Sozialstaat ‚slim fit‘ zu machen, sollten darauf achten, dass sie nicht am eigenen Ast sägen.“ Während man etwa über Obergrenzen - wie bei Flüchtlingen - diskutiere, merke man nicht, wie still und leise Untergrenzen unterschritten würden. Lobende Worte gab es vom Initiator der kirchenkritischen Pfarrer-Initiative für den Initiator des Welttags, Papst Franziskus: „Diesem Papst geht es um die Menschen.“

Caritas OÖ: Kritik an Sparpolitik

Scharfe Kritik an den bisher bekannten Einsparungsplänen der von ÖVP und FPÖ gebildeten oberösterreichischen Landesregierung im Sozialbereich hat der Linzer Caritasdirektor Franz Kehrer geübt. Dass der Zugang zur Wohnbeihilfe und zum gemeinnützigen Wohnbau für einzelne Personengruppen eingeschränkt werden soll, sei eine „soziale Treffsicherheit“ im schlechtesten Sinn. Denn diese Maßnahme „trifft genau jene, die wenig haben“, ärgerte sich Kehrer in seinem Gastkommentar für die Freitagausgabe der „Oberösterreichischen Nachrichten“ (OÖN).

Caritas Oberösterreich-Präsident Franz Kehrer

APA/Helmut Fohringer

Caritas-Oberosterreich-Präsident Franz Kehrer

Steuerflucht wahres Sozialschmarotzertum

Der Caritasdirektor beschrieb darin ein fatales „Phänomen“: Kürzungen und Einschränkungen gingen schnell über die Bühne, bei wirksamen Maßnahmen jedoch, um z.B. Wohnen wieder leistbarer zu machen, „heißt es: Bitte warten!“ Kehrer kritisierte demgegenüber fehlende Vorkehrungen, die „solidaritätsflüchtige“ Großkonzerne und auch Einzelpersonen daran hindern würden, Unsummen in Steueroasen zu schaffen. „Das sind für mich die wahren ‚Sozialschmarotzer‘“, so Kehrer.

Statt beim Thema Steuerflucht Solidarität einzumahnen, zeichne die Politik eine „Zwei-Klassen-Gesellschaft“ der sozial Bedürftigen: einerseits die „Leistungsträger“, die sich soziale Leistungen verdient hätten, andererseits die angeblich „wertlosen Sozialschmarotzer, die unser System ausbeuten“.

religion.ORF.at/APA

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