Papst spricht auf Flug über Angst vor Atomkrieg

Papst Franziskus ist am Montag von Rom nach Chile und Peru aufgebrochen. Während des 15-stündigen Fluges nach Santiago de Chile äußerte der Papst Journalisten gegenüber, er habe „wirklich Angst“ vor einem Atomkrieg.

Im Mittelpunkt der sechsten Reise nach Lateinamerika des Papstes sollen Begegnungen mit Indigenen und Migranten stehen. Er wird um 20.10 Uhr (Ortszeit) auf dem Flughafen in der chilenischen Hauptstadt Santiago erwartet. Mitreisende Journalisten berichteten auf Twitter, Vatikan-Sprecher Greg Burke habe als Geschenk des Papstes eine Karte verteilt, die zu Frieden mahne.

Papst Franziskus im Flugzeug, Reise nach Chile und Peru

APA/AP/Alessandro Bianchi

„Ein Zwischenfall wird reichen, um einen Krieg zu entfesseln“, sagte der Papst vor Journalisten

Journalisten bekamen Nagasaki-Foto

Ein darauf abgebildetes Schwarz-Weiß-Foto zeigt demnach einen Buben, der seinen toten Bruder nach dem Atombombenabwurf auf Nagasaki auf dem Rücken zum Krematorium trägt. Der Kommentar des Papstes auf der Rückseite: "... die Frucht des Krieges". Franziskus hatte die Karte zum Jahreswechsel anfertigen lassen.

„Wir sind am Limit“

Auf dem Flug von Rom nach Santiago de Chile äußerte Papst Franziskus Furcht vor einem Atomkrieg. „Ja, ich habe wirklich Angst“, zitierte die Nachrichtenagentur Ansa das katholische Kirchenoberhaupt am Montag an Bord des Papstfliegers. „Wir sind am Limit. Ein Zwischenfall wird reichen, um einen Krieg zu entfesseln. Deshalb müssen wir die Waffen zerstören und uns für die nukleare Abrüstung einsetzen.“

Am Donnerstag fliegt der Papst weiter nach Peru. Die einwöchige Reise wurde im Vorfeld von Gewalt überschattet: Am Sonntag war erneut ein Brandanschlag auf eine Kirche in Santiago verübt worden. Es sei zwar nur geringer Sachschaden entstanden, allerdings war es der fünfte Brandanschlag innerhalb weniger Tage.

Papst Franziskus besteigt das Flugzeug nach Chile

APA/AFP/Filippo Monteforte

Papst Franziskus auf dem Weg nach Chile

Besuch im Amazonasgebiet

In Chile trifft Franziskus Vertreter der Mapuche-Indianer, die seit Jahren für die Rückgabe ihrer Ländereien kämpfen. Außerdem soll er mit Opfern der Pinochet-Diktatur zusammenkommen. In Peru besucht er das Amazonasgebiet, wo illegaler Bergbau die Lebensgrundlage der Indigenen zerstört. Damit wird der Argentinier laut Vatikan erstmals in das Herz des Regenwaldes fahren und mit eigenen Augen die Umweltzerstörung sehen, die er in seiner Enzyklika „Laudato si“ anprangerte.

„Keine Reise des Papstes ist frei von Schwierigkeiten. Aber die, die Franziskus heute nach Chile und Peru antritt (...), bringt besondere Herausforderungen mit sich“, kommentierte am Montag die Zeitung „El Mundo“. In Südamerika lebt zwar die weltweit größte Anzahl Gläubiger, aber ihr Prozentsatz sank in den vergangenen Jahren deutlich.

Indigene und Migranten im Mittelpunkt

„Die Kultur des Ausschließens hat immer mehr von uns Besitz ergriffen. Ich will an eurer Freude, eurer Trauer, euren Problemen und Hoffnungen teilhaben. Ich will euch sagen: Ihr seid nicht allein, der Papst ist bei euch“, sagte Franziskus in einer Videobotschaft vor Reisebeginn.

Plakat zum Papst-Besuch in Temuco, Chile

APA/AP/Esteban Felix

Willkommensplakat zum Papst-Besuch in Temuco, Chile

Vor Hunderttausenden Gläubigen wird der Papst im Laufe der einwöchigen Reise eine Reihe von Messen feiern, Perus wegen Korruptionsskandalen umstrittenen Präsidenten Pedro Pablo Kuczynski und Chiles scheidende Staatschefin Michelle Bachelet treffen sowie mit Priestern und Seminaristen zusammenkommen.

Die katholische Kirche in Chile

Bei 18 Millionen Einwohnern sind in Chile rund 74 Prozent der Bevölkerung katholisch. Allerdings gibt es eine zunehmende Konkurrenz durch Sekten und Nachwuchsprobleme. Auf einen Priester kommen 5.838 Katholiken. Insgesamt gibt es 960 Gemeinden.

Das Land ist nach der dunklen Ära der Pinochet-Diktatur eines der demokratisch stabilsten in Südamerika, kaum ein Land hat so viele Freihandelsabkommen. Aber die starke Kluft zwischen Arm und Reich und der Widerstand der Mapuche - zuletzt kam es immer wieder wegen Landkonflikten zu Toten und Gewalt - sind auch für die Kirche große Herausforderungen. Sie gilt hier als sehr konservativ.

Eine Hauswand mit einem Graffiti in spanisch: "10 Millionen für den Papst und wir sterben in unseren Städten"

APA/AP/Esteban Felix

Die Reise des Papstes sorgt auch für Kritik. An einer Hauswand in Santiago steht: „Zehn Millionen für den Papst und wir sterben in unseren Städten.“

Zudem spaltete zuletzt der Streit um eine Lockerung eines der restriktivsten Abtreibungsgesetze der Welt das Land. Chiles Verfassungsgericht erlaubte nach einem Urteil vom August 2017 Abtreibungen in drei Sonderfällen: bei Lebensgefahr für die Mutter, keiner Überlebenschance für das Baby und Vergewaltigung.

Die katholische Kirche in Peru

Peru ist für die katholische Kirche eine wichtige Bastion in Lateinamerika, von den 31 Millionen Einwohnern gelten 90 Prozent als katholisch. Die Kirche hat viele Entwicklungsprojekte und setzt sich für den Schutz der indigenen Minderheiten ein, die gerade im Amazonasgebiet durch den Raubbau an der Natur und die zunehmenden Flussverschmutzungen infolge des illegalen Goldabbaus in ihren Lebensgrundlagen bedroht werden. Mit der Umweltenzyklika „Laudato Si“ hat sich der Papst diesem Thema verschrieben - und will durch einen Besuch der Amazonasstadt Puerto Maldonado einen Akzent setzen.

Polarisiertes Land

Es gibt 1.645 Gemeinden in Peru, die Kirchenführung gilt auch hier als sehr konservativ. Das Finden von Nachwuchs wird schwieriger, zudem sind viele Gemeinden abgelegen, gerade im Amazonasgebiet und den Anden. Auf rund 8.300 Katholiken kommt derzeit nach Vatikanangaben ein Priester. Schlagzeilen machte zuletzt, dass die Organisation „Sodalicio de Vida Cristiana“, der Laien und Priester angehören, nach Missbrauchsvorwürfen vom Vatikan unter Aufsicht gestellt wurde.

Das Land ist polarisiert, noch immer sind auch die Zehntausenden Zwangssterilisierungen indigener Frauen in der Ära des zu 25 Jahren Haft verurteilten, aber gerade begnadigten Ex-Präsidenten Alberto Fujimori nicht aufgearbeitet. Damit wollte man ihre Kinderzahl reduzieren: Sie wurden als Entwicklungshemmnis für Peru gesehen.

religion.ORF.at/APA/dpa

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