Polen: Jüdische Organisationen gegen Antisemitismus

Jüdische Organisationen in Polen haben am Montag in einer Erklärung gegen ein „wachsendes Klima der Intoleranz, der Fremdenfeindlichkeit und des Antisemitismus“ in dem Land protestiert.

„Hasstiraden“ weiteten sich vom Internet auf die traditionellen Medien aus, beklagten die Organisationen. Sie fänden sich auch in Erklärungen von Kommunalpolitikern, Abgeordneten und sogar ranghohen Staatsbeamten wieder. Die Zahl der Drohungen und Beleidigungen gegen jüdische Einrichtungen wachse ständig.

Die jüdischen Organisationen begrüßten, „dass der Präsident, der Ministerpräsident und der Chef der Regierungspartei den Antisemitismus verurteilt haben“. Doch den Worten müssten Taten folgen. Andernfalls klängen sie wie eine „Feststellung der Ohnmacht“. Die Juden fühlten sich „nicht mehr sicher in Polen“ - selbst wenn die Drohungen nicht die Form „direkter Angriffe“ annähmen wie in anderen europäischen Ländern.

Solidarität mit anderen Gruppen

Die Vertreter von rund 20 jüdischen Organisationen, darunter die Union der jüdischen Gemeinden in Polen und der Großrabbiner Polens, fordern die Entscheidungsträger auf, den Antisemitismus nicht nur als Übel zu brandmarken, sondern anzuerkennen, „dass er heute in Polen eine Bedrohung darstellt, stigmatisiert und verfolgt werden muss“.

Demonstranten in Polen gegen ein umstrittenes Gesetz den Holocaust und die Definition von Nazi-Vernichtungslagern

APA/AFP/Janek Skarzynski

Die jüdischen Organisationen zeigen sich solidarisch mit anderen diskriminierten Gruppen und demonstrierten gegen ein umstrittenes Gesetz den Holocaust und die Definition von Nazi-Vernichtungslagern betreffend

Zugleich solidarisieren sie sich mit allen in Polen, die „Opfer von Hass oder Diskriminierung“ seien: „Roma, Muslime, Flüchtlinge, Schwarze, Ukrainer, Mitglieder anderer ethnischer, religiöser oder sexueller Minderheiten“.

Zusammenhang mit umstrittenem Gesetz

Den wachsenden Antisemitismus in Polen sehen die Autoren im Zusammenhang mit dem umstrittenen Holocaust-Gesetz. Dieses verbietet es unter anderem, die Todeslager im von Nazi-Deutschland besetzten Polen fälschlicherweise als „polnische Lager“ zu bezeichnen. Es sieht aber auch Geldstrafen und bis zu drei Jahre Gefängnis vor, wenn der „polnischen Nation oder dem polnischen Staat“ eine Mitschuld an den Nazi-Verbrechen gegeben wird.

Die nationalkonservative Regierung in Warschau will damit verhindern, dass Polen eine „Kollaboration“ mit den NS-Besatzern vorgeworfen wird. In der Erklärung der jüdischen Organisationen heißt es, das Gesetz sei „schlecht formuliert“ und schade der Freiheit der Diskussion über historische Gegebenheiten.

Empörung über „jüdische Täter“

Am Samstag hatte Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki mit einer Äußerung über „jüdische Täter“ in der NS-Zeit für Entrüstung gesorgt. Morawiecki sagte auf der Münchner Sicherheitskonferenz mit Bezug auf das Holocaust-Gesetz, in der NS-Zeit habe es neben deutschen auch polnische, russische, ukrainische und „jüdische Täter“ gegeben. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bezeichnete die Bemerkung als „empörend“.

religion.ORF.at/AFP

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