Theologe Hans Küng wird 90

Hans Küng, Tübinger Theologe und Begründer der Stiftung Weltethos, wird am Montag 90 Jahre alt. Er ist einer der bekanntesten Theologen weltweit. 1979 hatte Rom dem damaligen Priester wegen dessen Kritik an der Unfehlbarkeit des Papstes die Lehrerlaubnis entzogen.

Küng gilt als einer der wichtigsten Kritiker in der katholischen Kirche. Die Kirche sei von einer Gemeinschaft der Gläubigen zu einer „geistlichen Diktatur“ geworden, schrieb er 2011 in seinem Buch „Ist die Kirche noch zu retten?“. Sein Gegenprogramm: Die katholische Kirche müsse sich wieder ganz auf die Bibel konzentrieren. Dort stehe nichts davon, dass Priester im Zölibat leben müssten oder dass Frauen keine Priester werden dürften. 1960 wurde Küng Professor an der Universität in Tübingen, wo er bis heute lebt.

Aus der Öffentlichkeit zurückgezogen

Küng, der sich aus der Öffentlichkeit zurückgezogen hat und unter der Parkinson-Krankheit leidet, feiert seinen Geburtstag mit Wegbegleitern in seiner Wohnung mit seinen fünf Schwestern und einem Schwager sowie einem kleinen Kreis von Freunden und Weggefährten, berichtete die deutsche Katholische-Nachrichtenagentur KNA am Freitag. Die öffentlichen Feiern sind für 21. und 22. April in Tübingen vorgesehen.

Theologe Hans Küng

APA/dpa/AFP/Rainer Jensen

Hans Küng 2012

Projekt Weltethos

Er könne trotz Krankheit weiterhin am Schreibtisch arbeiten und die Veröffentlichung einer Gesamtausgabe seiner Werke betreuen, sagte sein Freund, der Theologe Karl-Josef Kuschel. „Das ist ihm noch eine große Freude.“ Küng schloss bereits 2013 Sterbehilfe durch eine Schweizer Sterbehilfeorganisation für sich selbst nicht aus. „Ich will nicht als Schatten meiner selbst weiterexistieren“, zitierte die KNA aus dem dritten Band der Lebenserinnerungen von Hans Küng, „Erlebte Menschlichkeit“.

In den vergangenen 35 Jahren engagierte sich der Schweizer im Dialog der Weltreligionen und für das Projekt Weltethos. Vor fünf Jahren übergab er den Stab bei der Leitung der Stiftung an Eberhard Stilz. Hinter dem Projekt steht die Überzeugung, dass es keinen Frieden unter Staaten ohne Frieden unter Religionen gibt. Um das Projekt Weltethos ging es auch 2005 bei einem Gespräch zwischen Küng und Papst Benedikt XVI. kurz nach dessen Wahl zum Kirchenoberhaupt.

Für innerkirchliche Erneuerung

Seit Anfang der 1960er Jahre, also schon vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-65), entwickelte sich ein Konflikt Küngs mit den Bischöfen, in dessen Mittelpunkt die Unfehlbarkeit des Papstes, aber auch Grundfragen des Glaubens standen. Küng plädierte für innerkirchliche Erneuerung und ökumenische Öffnung mit dem Ziel der Vereinigung der Kirchen. Der Streit eskalierte 1979, als die römische Glaubenskongregation Küng die Lehrerlaubnis entzog. Seitdem war Küng bis zur Emeritierung 1996 fakultätsunabhängiger Professor in Tübingen.

Küng versteht sich nach eigenem Bekunden als „loyaler katholischer Theologe“. Er verfasste zahlreiche Bücher, die in mehr als 30 Sprachen übersetzt wurden. Zu seinen bekanntesten Werken zählen „Die Kirche“, „Unfehlbar?“, „Christ sein“, „Existiert Gott?“, „Ewiges Leben“ und „Projekt Weltethos“. Die Gesamtauflage geht in die Millionen.

Symposium „Theologie im Aufbruch“

Der Forscher, der zu den Gründungsmitgliedern der Internationalen Zeitschrift für Theologie „Concilium“ gehört, erhielt viele Auszeichnungen, so 1992 den „Karl Barth Preis“ der Evangelischen Kirche der Union (EKU), 2003 das deutsche Große Bundesverdienstkreuz, 2005 den Niwano-Friedenspreis und mehr als ein Dutzend Ehrendoktorwürden in aller Welt.

Am 21. April will die frühere Vorsitzende der Rats der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Margot Käßmann, sprechen, für den Tag danach ist ein wissenschaftliches Symposium unter dem Titel „Theologie im Aufbruch“ geplant. Mitveranstalter ist die Katholisch-Theologische Fakultät der Universität. Ob Küng selbst daran teilnimmt, lässt er in seinem Schreiben an Verwandte, Bekannte, Freunde und Kollegen aufgrund seines Gesundheitszustandes offen. Allerdings zeigt er sich „für die Würdigung meines Lebenswerks dankbar“.

religion.ORF.at/dpa/KAP/KNA

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