Kuppel des Petersdoms in Rom bei Nacht

Reuters/Alessia Pierdomenico

Christmette mit Papst Franziskus

Zu einem der Höhepunkte der Weihnacht schaltete der ORF nach Rom, wo zehntausende Gläubige mit Papst Franziskus im Petersdom die Geburt des Heilands feierten. Auf eigenen Tonspuren dabei der traditionelle Kommentar für sehbehinderte Menschen.

Benediktinerpater Karl Schauer, Superior von Mariazell, begleitete die ORF-Zuseher und -Zuseherinnen durch die Christnacht. Für Menschen mit Sehbehinderung kommentierten Johannes Karner und Gregor Waltl die Mette auf einer eigenen Tonspur.

Noch einmal feiern

Er festigt und stützt

1. Lesung: Jesaja 9

Das Volk, das im Dunkel lebt, sieht ein helles Licht. Über denen, die im Land der Finsternis wohnen, strahlt ein Licht auf. Du erregst lauten Jubel und schenkst große Freude. Man freut sich in deiner Nähe, wie man sich freut bei der Ernte, wie man jubelt, wenn Beute verteilt wird. Denn wie am Tag von Midian zerbrichst du das drückende Joch, das Tragholz auf unserer Schulter und den Stock des Treibers. Jeder Stiefel, der dröhnend daherstampft, jeder Mantel, der mit Blut befleckt ist, wird verbrannt, wird ein Fraß des Feuers.

Christkind lächelnd im Stroh

ORF

Jesuskind in der Krippe, Petersdom

Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns geschenkt. Die Herrschaft liegt auf seiner Schulter. Man nennt ihn wunderbarer Ratgeber, starker Gott, Vater in Ewigkeit, Fürst des Friedens.
Seine Herrschaft ist groß, und der Friede hat kein Ende. Auf dem Thron Davids herrscht er über sein Reich. Er festigt und stützt es durch Recht und Gerechtigkeit, jetzt und für alle Zeiten.
Der leidenschaftliche Eifer des Herrn der Heere wird das vollbringen.

Er hat sich für uns hingegeben

2. Lesung: Brief des Apostels Paulus an Titus

Denn die Gnade Gottes ist erschienen, um alle Menschen zu retten. Sie erzieht uns dazu, uns von der Gottlosigkeit und den irdischen Begierden loszusagen und besonnen, gerecht und fromm in dieser Welt zu leben, während wir auf die selige Erfüllung unserer Hoffnung warten: auf das Erscheinen der Herrlichkeit unseres großen Gottes und Retters Christus Jesus. Er hat sich für uns hingegeben, um uns von aller Schuld zu erlösen und sich ein reines Volk zu schaffen, das als sein besonderes Eigentum voll Eifer danach strebt, das Gute zu tun.

Weil in der Herberge kein Platz für sie war

Evangelium: Lukas 2

In jenen Tagen erließ Kaiser Augustus den Befehl, alle Bewohner des Reiches in Steuerlisten einzutragen. Dies geschah zum ersten Mal, damals war Quirinius Statthalter von Syrien. Da ging jeder in seine Stadt, um sich eintragen zu lassen. So zog auch Josef von der Stadt Nazaret in Galiläa hinauf nach Judäa in die Stadt Davids, die Betlehem heißt, denn er war aus dem Haus und Geschlecht Davids. Er wollte sich eintragen lassen mit Maria, seiner Verlobten, die ein Kind erwartete.

MUSIK

Les Anges dans nos campagnes

Choralmesse Cum jubilo
von Maurice Duruflé

Singt dem Herrn ein neues Lied!

Stille Nacht

Adeste fideles

...........................................................

Cappella Musicale Pontificia „Sistina“

Leitung:
Monsignore Massimo Palombella

Coro Guida „Mater Ecclesiae“

Leitung:
Monsignore Marcos Pavan

Orgel:
Juan Paradell

Als sie dort waren, kam für Maria die Zeit ihrer Niederkunft, und sie gebar ihren Sohn, den Erstgeborenen. Sie wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein Platz für sie war. In jener Gegend lagerten Hirten auf freiem Feld und hielten Nachtwache bei ihrer Herde. Da trat der Engel des Herrn zu ihnen, und der Glanz des Herrn umstrahlte sie. Sie fürchteten sich sehr, der Engel aber sagte zu ihnen: „Fürchtet euch nicht, denn ich verkünde euch eine große Freude, die dem ganzen Volk zuteil werden soll: Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren. Er ist der Messias, der Herr. Und das soll euch als Zeichen dienen: Ihr werdet ein Kind finden, das, in Windeln gewickelt, in einer Krippe liegt.“ Und plötzlich war bei dem Engel ein großes himmlisches Heer, das Gott lobte und sprach: „Verherrlicht ist Gott in der Höhe, und auf Erden ist Friede bei den Menschen seiner Gnade!“

Von Neuem entdecken, wer wir sind

Predigt

In dieser Nacht leuchtet ein helles Licht. Über uns allen strahlt das Licht der Geburt Jesu. Wie wahr und aktuell sind die Worte des Propheten Jesaja, die wir gehört haben: „Du erregst lauten Jubel und schenkst große Freude.“ Unser Herz war wegen der Erwartung dieses Momentes schon voller Freude, jetzt aber wird dieses Gefühl noch verstärkt und fließt gleichsam über, denn die Verheißung hat sich erfüllt, endlich ist sie Wirklichkeit geworden. Jubel und Freude versichern uns, dass die im Geheimnis dieser Nacht enthaltene Botschaft wirklich von Gott kommt. Da ist kein Platz für Zweifel – überlassen wir ihn den Skeptikern, die allein den Verstand befragen und deshalb niemals die Wahrheit finden. Da ist kein Raum für die Gleichgültigkeit – sie herrscht im Herzen dessen, dem es nicht gelingt zu lieben, weil er Angst hat, etwas zu verlieren. Alle Traurigkeit wird vertrieben, denn das Jesuskind ist der wahre Tröster des Herzens.

Heute ist der Sohn Gottes geboren, alles wird anders. Der Retter der Welt kommt, um Anteil zu haben an unserer Menschennatur, wir sind nicht mehr allein und verlassen. Die Jungfrau bietet uns ihren Sohn dar als Anfang eines neuen Lebens. Das wahre Licht kommt, um unser oft in den Schatten der Sünde eingeschlossenes Leben zu erhellen.

Heute entdecken wir von Neuem, wer wir sind. In dieser Nacht wird uns der Weg aufgezeigt, der zurückzulegen ist, damit man ans Ziel gelangt. Jetzt müssen jede Angst und jeder Schrecken enden, denn das Licht weist uns den Weg nach Bethlehem. Wir dürfen nicht in Trägheit verharren. Es ist uns nicht gestattet, unbeweglich zu bleiben. Wir müssen aufbrechen, um unseren Retter zu sehen, der in eine Krippe gelegt ist. Und dies ist der Grund für den Jubel und die Freude: Dieses Kind ist für uns geboren, ist uns „geschenkt“, wie Jesaja angekündigt hatte. Einem Volk, das seit zweitausend Jahren überall in der Welt unterwegs ist, um jedem Menschen Anteil an dieser Freude zu geben, wird die Sendung übertragen, den „Friedensfürsten“ bekannt zu machen und sein wirksames Werkzeug inmitten der Nationen zu werden.

Wenn wir also von der Geburt Christi reden hören, wollen wir im Schweigen verharren und jenes Kind sprechen lassen. Dann prägen wir seine Worte in unser Herz ein, ohne den Blick von seinem Antlitz abzuwenden. Wenn wir es in die Arme nehmen und uns von ihm umarmen lassen, wird es uns den Herzensfrieden geben, der niemals endet. Dieses Kind lehrt uns, was wirklich wesentlich ist in unserem Leben. Jesus wird in der Armut der Welt geboren, weil für ihn und seine Familie kein Platz in der Herberge ist. In einem Stall findet er Unterschlupf und Rückhalt und wird in eine Futterkrippe für Tiere gelegt. Und doch leuchtet aus diesem Nichts das Licht der Herrlichkeit Gottes auf. Von hier aus beginnt für die Menschen mit schlichtem Herzen der Weg der wahren Befreiung und der ewigen Erlösung. Von diesem Kind her, in dessen Antlitz die Züge der Güte, der Barmherzigkeit und der Liebe Gottes des Vaters eingeprägt sind, ergibt sich – wie der Apostel Paulus lehrt – für uns alle, die wir Jesu Jünger sind, die Ehrenpflicht, uns „von der Gottlosigkeit“ und dem Reichtum der Welt „loszusagen und besonnen, gerecht und fromm zu leben.“

In einer Gesellschaft, die oft trunken ist von Konsum und Vergnügung, von Überfluss und Luxus, von Augenschein und Eigenliebe, ruft er uns zu einem nüchtern-besonnenen, das heißt einfachen, ausgewogenen und gradlinigen Verhalten auf, das fähig ist, das Wesentliche zu erfassen und zu leben. In einer Welt, die allzu oft hart gegenüber dem Sünder ist und lässig-weich gegenüber der Sünde, ist es notwendig, einen starken Gerechtigkeitssinn zu pflegen und nach dem Willen Gottes zu suchen und ihn zu verwirklichen. In einer Kultur der Gleichgültigkeit, die am Ende nicht selten erbarmungslos ist, soll dagegen unser Lebensstil erfüllt sein von Erbarmen, Einfühlungsvermögen, Mitleid und Barmherzigkeit – Haltungen, die jeden Tag aus dem Brunnen des Gebetes geschöpft werden müssen.

Mögen uns - wie den Hirten von Bethlehem - bei der Betrachtung des Gottessohnes im Jesuskind die Augen übergehen vor Staunen und Verwunderung. Und möge vor seiner Gegenwart aus unseren Herzen die Bitte aufsteigen: „Erweise uns, Herr, deine Huld und gewähre uns dein Heil!“

Kommentar

Pater Karl Schauer

Kommentar mit Audiodeskription

Johannes Karner
Gregor Waltl

Näheres über den Vatikan

www.vatikan.va

Kontakt

gottesdienst@orf.at

Redaktion

Thomas Bogensberger