Priester Jacques Mourad

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Ein Priester in Geiselhaft des IS

84 Tage lang war der syrisch-katholische Priester Jacques Mourad in der IS-Hochburg Rakka als Geisel wegen seines Engagements für den christlich-muslimischen Dialog festgehalten und gefoltert worden. Ein Muslim und ein Christ verhalfen dem Priester zur Flucht aus dem Land.

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Sendungshinweis

FeierAbend, Karfreitag
25.3.2016, 20.00 Uhr, ORF 2

Ein Priester in Geiselhaft des IS

Im Moment hält sich Jacques Mourad im Geheimen auf und bereitet sich darauf vor, wieder zurück ins Land zu reisen, um sich dort – aus dem Untergrund – weiter dem friedvollen Zusammenleben der verschiedenen Religionen zu kümmern.

Pater Jacques Mourad auf den Weg in das nahegelegene Krankenhaus macht, ist es jedes Mal ein qualvoller Gang. Nur wenige Meter kann er am Stück zurücklegen, dann muss er, nach Luft ringend, Minuten lang innehalten. Pater Jacques ist noch keine fünfzig Jahre alt, doch sein Körper ist verbraucht. Krieg, Geiselnahme, Folter haben seine Seele schwer gezeichnet. Und dennoch hadert er nicht mit seinem Schicksal. Vielmehr als das eigene Leid, hat er tagtäglich die Bilder aus seinem Heimatland Syrien im Kopf; die Zerstörung, das Leid und der allgegenwärtige Tod. „Es ist eine der schlimmsten Erfahrungen, wenn man das Leiden anderer sieht. Da vergisst man die eigene Not. Wenn wir leiden, wenn wir sehen, wie ein geliebter Mensch Trauer oder Schmerz empfindet, wie soll es Gott dabei ergehen?“

Priester Jacques Mourad

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Im Mai 2015 von Dschihadisten aus dem syrischen Kloster Mar Elian verschleppt, verbrachte Pater Jacques Mourad 84 Tage in einem Verließ in der IS Hochburg Rakka. Ständigen Todesdrohungen und Scheinexekutionen ausgesetzt, sollte er nicht freiwillig zum Islam konvertieren, überlebte er die psychische Folter nur durch seinen christlichen Glauben und die Hinwendung zum Gebet. Mehrfaches Auspeitschen und noch schlimmere physische Misshandlungen haben jedoch auch an seinem Körper grausame Spuren hinterlassen.

Dass ihn seine Peiniger nicht töteten, verdanke er einzig dem Umstand, so Pater Jacques, dass er sich über 15 Jahre lang intensiv für den interreligiösen Dialog eingesetzt habe und sich in dem andauernden syrischen Bürgerkrieg nicht nur um seine christliche Gemeinde, sondern gleichermaßen um muslimische Flüchtlinge kümmerte – denn, dass interreligiöser Dialog für Pater Jacques nicht nur hehre Worte, sondern gelebte Nächstenliebe ist, beweist der Umstand, dass es ausgerechnet ein Muslim war, der ihm zur Flucht aus dem Land verhalf.

Seelisch gezeichnet und gesundheitlich angeschlagen, wird der Priester derzeit an einem verborgenen Ort medizinisch betreut. In einer leerstehenden Kirche untergebracht, hält er via Telefon und Internet Kontakt zu seiner Gemeinde, von denen nunmehr viele als Flüchtlinge in aller Welt verstreut leben.

Priester Jacques Mourad

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Doch mit der eigenen Flucht ist seine Mission längst nicht beendet. Im Schutz der Abgeschiedenheit macht er bereits Pläne für die Zeit nach seiner Rekonvaleszenz. Sein neues Leben wird weitestgehend sein altes sein. Er wird sich auch weiterhin um all jene kümmern, die zwischen dem Terrorregime des Herrschaftsapparates und der Versklavung durch radikale Dschihadisten aufgerieben werden.

Abermals freiwillig Leid und große Gefahr für Leib und Leben auf sich nehmen? Das steht für Pater Jacques außer Frage: „Durch das Leid, das wir erfahren, sind wir noch gütiger und barmherziger geworden, denn wir können den Schmerz anderer nachempfinden und unterstützen uns gegenseitig, egal welcher Glaubensrichtung wir angehören. Wenn wir etwa jetzt die Karwoche feiern, tun wir das aber nicht vorrangig als Botschaft für leidende Menschen, sondern in erster Linie als Botschaft an jene Menschen, die anderen Schmerzen zufügen“.

Ein Film von Peter Kullmann und Magdalena Maier

Redaktion: Barbara Krenn