David Steindl-Rast

ORF/Meta Film/Robert Neumüller

Dem Geheimnis auf der Spur - Bruder David Steindl-Rast und „Die Kraft der Rituale“

Wie kommt es, dass ein „ganz einfacher Mönch“ mit seinen Büchern auf der ganzen Welt eine riesige Leserschaft findet? Dass seine Homepage „Dankbar – Leben“ von Amerika ausgehend ein globaler Erfolg ist? Dass der Dalai-Lama das Vorwort für sein zutiefst christliches Buch „Credo“ schreibt?

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ORF

Sendungshinweis

Dienstag, 06. Dezember 2016
um 22.35 Uhr, ORF 2

Wiederholung:

Mittwoch, 07. Dezember 2016
um 20.15 Uhr, ORF III

„kreuz und quer“ – präsentiert von Doris Appel – zeigt um 22.35 Uhr in ORF 2 mit „Dem Geheimnis auf der Spur – Bruder David Steindl-Rast“, ein von Robert Neumüller gestaltetes sehr persönliches Porträt eines ganz außergewöhnlichen Menschen. Um 23.20 Uhr spürt „kreuz und quer“ der „Kraft der Rituale“ nach und zeigt, dass die Kirchen ihr Monopol auf die Gestaltung religiöser Feiern verloren haben.

„Dem Geheimnis auf der Spur – Bruder David Steindl-Rast“

Bruder David Steindl-Rast wurde 1926 in Wien geboren. Nach Krieg und Studium trat er 1952 im Staate New York dem Benediktinerorden bei. In der Neugründung Mount Saviour lebten die Mönche in einer zugigen Scheune streng nach der alten Regel. Durch den interreligiösen Dialog kam er mit dem Buddhismus in Berührung. In Tassajara (Kalifornien) fand er seinen Meister Suzuki Roshi, bei dem er einige Jahre blieb und lernte.

Zu seiner eigenen Überraschung fand er nicht nur große Ähnlichkeiten im Mönchsleben, sondern auch in der spirituellen Tiefe. Erst mit 60 Jahren, nach 30 Jahren Kontemplation, Studium und Meditation, schrieb er aus diesem Erfahrungsschatz heraus sein erstes Buch, „Fülle und Nichts“.

Viele weitere sollten folgen. Dieser Schritt in die Öffentlichkeit führte zu Vortragsreisen, Fernsehauftritten und er wurde sogar Teacher in Residence im renommierten Esalen-Institute in Big Sur (Kalifornien). Es war die Hochblüte von New Age, wo er mit seinem spirituellen Erfahrungsschatz die nötige Ernsthaftigkeit und Tiefe beizutragen wusste.

„Ich bin Christ“, sagt der heute 90-Jährige, wenn er wieder mehr Zeit in Österreich verbringt. Hier schreibt er auch an seiner Autobiografie. Für diese Arbeit ist er seinen eigenen Geheimnissen auf der Spur. Diese Reise, auf der ihn der Film begleitet, führt ihn viele Generationen zurück in das Schloss seiner Vorfahren und in den Wallfahrtsort Maria Rast (Ruše, Slowenien), dem die Familie ihren Namen verdankt.

Voller Humor und Offenheit begibt er sich auch zu den Stationen seines eigenen Lebens. Vom Geburtshaus in Hietzing zur Kaasgrabenkirche, wo sie die Nazizeit im Widerstand überlebte, bis zu jener Gasse nahe der Neulandschule, wo er sein eigenes Leben dem Opfer eines anderen Lebens verdankt. Dankbarkeit begleitet ihn seither ein Leben lang.

Auch ein Leben lang begleitet ihn die Lyrik Rainer Maria Rilkes, seit seine Mutter ihm als Zehnjährigen „Das Stunden-Buch“ geschenkt hat. Für Steindl-Rast ist Rilke nicht nur der „Rock ’n’ Roll“ seiner Jugend, sondern ein wahrer Mystiker. Zum ersten Mal besucht Bruder David das Schloss Duino, wo Rilke seine „Duineser Elegien“ schrieb.

Regisseur Robert Neumüller hat bereits vor bald 25 Jahren mit Bruder David gedreht. Aus dieser Zeit gibt es mehrere ORF-Produktionen, aus denen auch Ausschnitte im Film zu sehen sind. So entstand ein sehr persönliches Porträt eines ganz außergewöhnlichen Menschen. „Dem Geheimnis auf der Spur“ zu sein bedeutet für Bruder David auf einer lebenslangen Reise zu sein – auf Gott zu, von dem er aus großem Respekt und aus dem Wissen um das Nichtwissen-Können heraus als das „große Geheimnis“ spricht.

Ein Film von Robert Neumüller

„Die Kraft der Rituale“

Rituale prägen die menschliche Existenz. Sie takten unser Leben, verbinden und grenzen aus. Sie können heilen und schaden, inszenieren Macht und setzen Werte in Szene. Rituale sind eine besondere Sprache der Menschen.

„Ich denke, dass in allen Kulturen Bestattungsrituale zu den wesentlichen Merkmalen menschlicher Gemeinschaften gehören. Und dieses Ritual ausfallen zu lassen bewirkt im Menschen eine Leere, die anhalten mag über Jahrzehnte“, so Religionsphilosoph Florian Uhl. Der Fall des Ehepaares Trautlinde und Siegfried Raich aus Höchst in Vorarlberg bestätigt seine These.

Die beiden Söhne des Paares sind gleich nach der Geburt gestorben. Es gab kein Begräbnis und somit keine Möglichkeit des rituellen Abschieds für die Eltern. Das ist jetzt 40 Jahre her – doch das Trauma blieb. Trautlinde Raich sucht Hilfe und findet sie bei der Ritualentwicklerin Anita Bonetti:

Mit der ehemaligen Religionslehrerin entwickelt sie ein Ritual, um abschließen zu können und den verstorbenen Zwillingen ihren gebührenden Platz zu geben.

Anita Bonetti ist Vertreterin eines neuen Berufszweiges, der in den vergangenen Jahren entstanden ist. In einer individualisierten Gesellschaft steigt auch das Bedürfnis nach individuellen Ritualen – zugeschnitten auf die Lebensumstände und Spiritualität von Kunden, die sich längst nicht mehr mit der Kirche deckt. Dennoch suchen immer noch viele Menschen – auch wenn sie sich im Alltag längst von der Kirche verabschiedet haben – das kirchliche Angebot der Sakramente. Allen voran Taufe und Eheschließung.

Der Film von Fritz Kalteis betrachtet das Phänomen Ritual aus verschiedensten Perspektiven. Eine der Thesen: Rituale können heilen. Und zwar nicht nur persönliche Wunden, sondern auch gesellschaftliche. Bestes Beispiel:

Die historische Rede von Franz Vranitzky im Juli 1991, in der sich der damalige österreichische Kanzler zur Mitschuld Österreichs an den Verbrechen des Nationalsozialismus bekannt hat. „Das gehört in die Kategorie der Entschuldigungsrituale, der Sühnerituale, die im politischen Bereich sehr stark geworden sind, weil dadurch tatsächlich ein Stück weit Beruhigung eintritt bei einem ungelösten Problem“, sagt Axel Michaels, Ritualforscher von der Uni Heidelberg.

Ein Film von Fritz Kalteis