Der Denker auf dem Thron – Papst Benedikt XVI Papst Liebe

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„Der Denker auf dem Thron – Papst Benedikt XVI.“ und „Der Papst und die Liebe“

Joseph Ratzinger, der als Papst Benedikt XVI. in die Geschichte der katholischen Kirche eingegangen ist, wurde am Karsamstag des Jahres 1927 geboren. Sein 90. Geburtstag fällt auf den Ostersonntag 2017.

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Sendungshinweis

Dienstag, 18. April 2017
um 22.35 Uhr, ORF 2

Wiederholung:

Mittwoch, 19. April 2017
um 20.15 Uhr, ORF III

„kreuz und quer“ – präsentiert von Christoph Riedl-Daser – blickt in Christian Rathners Dokumentation „Der Denker auf dem Thron – Papst Benedikt XVI.“ noch einmal auf Leben und Pontifikat des Papstes aus Bayern zurück.

Karol Wojtyla – Johannes Paul II., der Papst aus Polen – war eine der einflussreichsten Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts und stand als Oberhaupt der katholischen Kirche mehr als 25 Jahre im Licht der Weltöffentlichkeit.

Um 23.20 Uhr beleuchtet die BBC-Dokumentation „Der Papst und die Liebe“ eine sehr persönliche Seite des heiliggesprochenen Papstes: die enge Freundschaft, die Johannes Paul II. mit einer polnischen Philosophin verband.

„Der Denker auf dem Thron – Papst Benedikt XVI.“

Über Jahrhunderte schien es ungeschriebenes Gesetz, dass die Papstwürde auf Lebenszeit verliehen war. Papst Benedikt XVI. aber kündigte – „aus heiterem Himmel“, wie ein hochrangiger Kardinal es bezeichnete – seinen Rücktritt an und ist seit dem 28. Februar 2013 „Papa Emeritus“, Alt-Papst. Zwar genießt er im Vatikan weiterhin hohes Ansehen, aber er ist von jeglichen Amtsgeschäften entbunden.

Der Journalist und Buchautor Peter Seewald war von der Abdankung des Papstes weniger überrascht als so manche andere Beobachter. Im Interview mit ihm hatte Joseph Ratzinger die Möglichkeit seines Rücktritts bereits anklingen lassen.

Seewald hat seinen Landsmann durch viele Jahre journalistisch begleitet. Aus langen Interviews sind vier Bücher entstanden. Eines davon – es trägt den Titel „Letzte Gespräche“ – ist nach dem Papstrücktritt erschienen und bietet die ungewöhnliche Möglichkeit, Reflexionen eines Ex-Papstes über seine Amtszeit nachzuvollziehen.

Seewald kommt in der Dokumentation ausführlich zu Wort und nimmt das Lebenswerk Joseph Ratzingers aus einigem Abstand in den Blick. Man nehme den „Opa in den vatikanischen Gärten“ heute mit einer gewissen „Altersmilde“ wahr, sagt er.

Der Film zeichnet das Leben Joseph Ratzingers nach, beginnend von seiner Kindheit und Jugend in Bayern. Er war ein über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannter Theologe, bevor er zum Erzbischof von München geweiht und wenig später als Präfekt der Glaubenskongregation nach Rom berufen wurde.

Ratzinger war noch immer in erster Linie Denker und Theologe, als er 2005 zum Papst gewählt wurde. Aber „Der Denker auf dem Thron“ sah sich als Papst den Turbulenzen eines pannenreichen Pontifikats ausgesetzt. Die Dokumentation ruft zum Beispiel die „Regensburger Rede“, die „Affäre Williamson“ oder den Skandal um den sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen in Erinnerung.

Als Gesprächspartner aus dieser Zeit kommen zwei Ratzinger-Schüler zu Wort: Kardinal Christoph Schönborn und der deutsche Theologe Wolfgang Beinert, dazu die damalige Vorsitzende der Katholischen Aktion Österreichs, Luitgard Derschmidt, sowie der römische Vatikan-Journalist Marco Politi.

Aus Deutschland berichtet die damalige Vorsitzende der Evangelischen Synode, Katrin Göring-Eckardt, über den bemerkenswerten Besuch des deutschen Papstes beim deutschen Reformator in der Lutherstadt Erfurt. Der muslimische Theologe Mouhanad Khorchide schildert die nicht nur negativen Folgen der „Regensburger Rede“; der Jerusalemer Rabbi David Rosen analysiert den Einfluss Benedikts, der ja auch Auschwitz und Israel besucht hat, auf das jüdisch-christliche Verhältnis.

Die „Resignation gegenüber der Wahrheit“ bezeichnete Papst Benedikt XVI. bei seinem Besuch in Mariazell als „Kern der Krise des Westens“. Am Ende beruft sich Peter Seewald auf Benedikts Nachfolger Franziskus, wenn dieser konstatiert: „Er war ein großer Papst.“

Ein Film von Christian Rathner

Der Denker auf dem Thron – Papst Benedikt XVI Papst Liebe

ORF/Ten Alps/From the estate of Anna-Teresa Tymieniecka

„Der Papst und die Liebe“

Erst kürzlich wurde eine sehr persönliche Seite Karol Wojtylas bekannt: Mit der polnischen Philosophin Anna-Teresa Tymieniecka, die er in seiner Zeit als Erzbischof von Krakau kennenlernte, verband ihn eine tiefe Freundschaft. 1973 nahm sie mit Kardinal Karol Wojtyla per Brief Kontakt auf, weil sie dessen Buch „Person und Tat“ faszinierte.

Sie fragte nach dem Einverständnis des Kardinals, das Buch ins Englische übersetzen zu dürfen – sie lebte in den USA – und wollte darüber hinaus mit dem Autor in einen wissenschaftlichen Dialog treten.

So kam es zu einem intensiven Briefwechsel über philosophische Fragen und zu privaten Treffen. In einigen Passagen seiner Briefe äußert sich der spätere Papst auch über das persönliche Verhältnis zu Anna-Teresa Tymieniecka. Entgegen mancher Gerüchte nach dem Bekanntwerden der Briefe gibt es jedoch keinerlei Hinweis, dass Karol Wojtyla mit der verheirateten Frau den Zölibat gebrochen haben könnte.

Aufsehenerregend ist die BBC-Produktion dennoch: Der Film gibt Einblicke in das private, persönliche Leben des inzwischen heiliggesprochenen Papstes. Zahlreiche Privatfotos dokumentieren ebenso wie Briefpassagen die Freundschaft und Seelenverwandtschaft Karol Wojtylas mit Anna-Teresa Tymieniecka.

Anlässlich einer USA-Reise des polnischen Kardinals 1976 arrangierte Tymieniecka Treffen mit hohen Politikern und wichtigen Vertretern des katholischen Klerus der Vereinigten Staaten. Gut möglich, dass Wojtyla diese Verbindungen im Konklave zwei Jahre später genützt haben.

Die Wahl zum Papst brachte die Freundschaft in eine Krise. Unter anderem, weil Tymieniecka ihre Chance witterte, die von ihr überarbeitete englische Ausgabe von „Person und Tat“ – jetzt von einem päpstlichen Autor – auf den Markt zu bringen, aber auf Widerstand im Vatikan stieß.

So fühlte sie sich letztlich auch von Johannes Paul II. verraten und im Stich gelassen. Dennoch riss der Kontakt nie ganz ab, und die Freundschaft überstand auch diese Belastungsprobe. Zuletzt besuchte die Philosophin ihren päpstlichen Freund am Tag vor seinem Tod.

Die Dokumentation beleuchtet anhand von Brief-Passagen und zahlreichen privaten Fotos die Bedeutung der engen persönlichen und fachlichen Freundschaft für den Papst.

Ein Film von Edward Stourton
(Bearbeitung: Rosemarie Pagani-Trautner)