schwedische Theorie Liebe

ORF/First Hand Films /© Fasad

Die schwedische Theorie der Liebe und Herr Schuh und die Liebe

Ein Film über Beziehungsfreiheit, den Zusammenhang von individueller Unabhängigkeit und persönlichem Glück sowie eine Reise, um das Wesen der Liebe zu erkunden.

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ORF

Sendungshinweis

Dienstag, 09. Mai2017
um 22.35 Uhr, ORF 2

Wiederholung:

Mittwoch, 10. Mai 2017
um 20.15 Uhr, ORF III

„kreuz und quer“ – präsentiert von Doris Appel zeigt „Die schwedische Theorie der Liebe“. Schweden wird gerne als gesellschaftspolitisches Ideal dargestellt: eine demokratische Gesellschaft, die all ihren Mitgliedern gleiche Möglichkeiten und – vor allem – individuelle Freiheit bietet.

Diesem Modell zugrunde liegt die schwedische Wertvorstellung schlechthin: Unabhängigkeit. Der Wohlfahrtsstaat sorgt dafür, dass alle Individuen des Landes ihre Lebensziele möglichst eigenständig und autonom umsetzen können. Ab 23:20 geht Regisseur Florian Gebauer gemeinsam mit Philosoph und Essayist Franz Schuh auf die Reise, um das Wesen der Liebe zu erkunden.

Bereits Anfang der 1970er Jahre entstand zu diesem Zweck das politische Manifest „Die Familie der Zukunft“. Erklärtes Ziel war es, die soziale und ökonomische Unabhängigkeit der Einzelnen sicherzustellen. Selbst familiäre Bindungen wurden dem untergeordnet. Heute, gut 40 Jahre nach dem „Manifest“, lebt rund ein Viertel der schwedischen Bevölkerung alleine – eine der höchsten Raten weltweit. Und immer mehr Frauen entscheiden sich – dank Samenbanken – für die Mutterschaft ohne Mann. Ein Leben in Unabhängigkeit, das für manche den bitteren Beigeschmack der Einsamkeit haben kann.

Die Dokumentation macht sich auf Spurensuche in Schweden und in anderen Ländern – und trifft Menschen, deren Erfahrungen und Erzählungen ein neues Licht auf das hohe Gut der Unabhängigkeit werfen. Da ist etwa Maria Helena, alleinerziehende Mutter zweier Kinder. Sie hat sich bewusst entschlossen, Kinder ohne einen Partner an ihrer Seite zu bekommen. Möglich wird das durch Unternehmen wie die weltweit größte Samenbank Cryos. Alleinstehende Frauen stellen mittlerweile rund die Hälfte der Kunden. Es sei so einfach wie im wirklichen Leben, meint dazu Cryos-Gründer Ole Schou. Vielleicht sogar einfacher, denn: Man brauche keinen Mann.

Die Zahl der Menschen, die in diesem Sinn „unabhängig“ sterben und manchmal erst Monate oder gar Jahre in ihrer Wohnung tot aufgefunden werden, weil sie niemand vermisst, hat im vergangenen Jahrzehnt markant zugenommen. In Schweden ist, wie der Film zeigt, eine eigene Behörde damit betraut, nach Angehörigen dieser einsam Verstorbenen zu suchen.

Als Kontrast zum wohlhabenden Schweden zeigt ein Chirurg, warum er seine Erfüllung in Äthiopien gefunden hat und nicht etwa in seiner schwedischen Heimat. Denn in dem afrikanischen Land, so erklärt er, werde der Mangel an Materiellem durch den Reichtum an menschlichen Beziehungen allemal aufgewogen. Und der polnische Philosoph Zygmunt Baumann (1925-2017) argumentiert, warum ein völlig störungsfreies Leben nicht gleichbedeutend ist mit Glück.

Regie: Erik Gandini

Deutschsprachige ORF-Bearbeitung: Sabine Aßmann
ORF-Redaktion: Christoph Guggenberger

Franz Schuh in einer Kirche

ORF/Langbein & Partner

„Herr Schuh und die Liebe“

„Wenn die Liebe glücklich verläuft, dann ist sie die größte Macht im einzelnen Menschen, das Leben auf dieser Welt zu bejahen.“ Auf seiner Erkundungstour trifft Franz Schuh u. a. auf das Ehepaar Hehberger. Die Pensionisten sind seit 50 Jahren verheiratet. „Sind 50 Jahre eine Ewigkeit? Auf Erden ja.“ Ihre Liebe hat sich im Laufe der Jahrzehnte von himmelhochjauchzend zu einer liebevoll-pragmatischen Form der Zweisamkeit gewandelt.

Bettina Wilfinger liebt ihre drei „Mopsbuben“. Sie lässt Brustgeschirre maßschneidern und kocht zweimal am Tag für sie – nur Bio, versteht sich.

Die Rechtsanwältin Astrid Wagner war vor 20 Jahren in Jack Unterweger verliebt und konnte diese Liebe nie leben. „Wie viel mörderische Schuld erträgt man an einem Menschen, den man liebt? Am Ende ist die Liebe ein Spiel mit hohem Einsatz. Ohne Risiko ist man überhaupt nicht dabei. Bei zu viel Risiko wäre man lieber nicht dabei gewesen. Das ist doch Grund genug, sich zu fragen: Was ist denn das – die Liebe?“

Ein Film von Florian Gebauer