Kinder vom Friedrichshof

ORF/ORF III

Die Kinder vom Friedrichshof

Die preisgekrönte Dokumentation von Juliane Großheim zeigt das „Gesellschaftsexperiment“ von Otto Mühl aus dem Blickwinkel der Kommune-Kinder. Was als freie Lebensgemeinschaft begann, endete als totalitäres Herrschaftssystem.

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ORF

Sendungshinweis

Dienstag, 23. Mai 2017
um 22.35 Uhr, ORF 2

Kreuz und quer, präsentiert von Doris Appel, zeigt die preisgekrönte Dokumentation von Juliane Großheim über das „Gesellschaftsexperiment“ von Otto Mühl.

In der Kommune des umstrittenen Wiener Aktionskünstlers Otto Mühl, die er Anfang der 1970er Jahre gründete, bildeten Gemeinschaftseigentum, gemeinsame künstlerische Aktivität und freier Sex die Lebensbasis. Individualität hatte kaum Bedeutung, intime Rückzugsräume wurden als unnötig erachtet.

Da Kleinfamilien als Ausdruck bürgerlicher Zwänge galten, wurden Zweierbeziehungen aufgehoben und verboten. Die Kinder wurden von ihren Müttern getrennt, die Väter waren ohnehin meist nicht bekannt und wurden damals auch nicht festgestellt. Mit dem Projekt „Dritte Generation/Kinderproduktion“ wollte Otto Mühl nichts weniger als einen völlig neuen Menschen heranziehen.

Das „Gesellschaftsexperiment“ am Friedrichshof artete schließlich zu einem Regime autoritärer Willkür und sexueller Nötigung aus. Dem Postulat der „Befreiung“ folgte, wie Mitglieder der Kommune später berichteten, ein sektenähnliches System konstruierter Abhängigkeiten. Im Sommer 1991 wurde Mühl wegen Kindesmissbrauchs und Verstoßes gegen das Suchtgiftgesetz zu sieben Jahren Haft verurteilt. Die Kommune wurde aufgelöst. Die Utopie wurde vom Traum zum Trauma.

Der Dokumentarfilm von Juliane Großheim blickt aus der Perspektive der Kommune-Kinder auf das Projekt zurück und geht der Frage nach, was aus den Sprösslingen dieser Lebensutopie geworden ist.

„Die Kinder vom Friedrichshof“ lief erfolgreich auf dem Leipziger Dokumentarfilmfestival, dem Kasseler Dokumentar- und Videofest sowie auf Filmfestivals in Bukarest, Köln und Vancouver. Auf der Diagonale, dem Festival des österreichischen Films in Graz, wurde er mit dem Preis der Jury der Diözese Graz-Seckau ausgezeichnet.

In der Jury-Begründung heißt es: „Unaufdringlich und dennoch auf einer hoch emotionalen Ebene positioniert, thematisiert Regisseurin Juliane Großheim das kontroversielle Leben Otto Mühls. Die Darstellung der Kommune als Metapher für geschlossene Gesellschaftssysteme an sich kommt ohne didaktischen Fingerzeig und manipulative Kommentare aus und schafft so den Raum für eine kritische Auseinandersetzung.“

Regie: Juliane Großheim