Universalen Hauses der Gerechtigkeit - höchstes Gremium der Bahai in Haifa.

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„Bahá’í – Religion im Zeitgeist“ und „Eine fast unmögliche Freundschaft“

Israel ist das Heilige Land der drei großen Offenbarungsreligionen: des Judentums, des Christentums und des Islam. Doch Israel ist auch das Heilige Land einer vierten, weitgehend unbekannten Weltreligion: der Baha’i.

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Sendungshinweis

Dienstag, 10. Oktober 2017
um 22.35 Uhr, ORF 2

In der Bucht von Haifa und auf dem Berg Karmel ist das geistige und administrative Zentrum dieser jüngsten Weltreligion. Die Baha‘i glauben an einen Gott, haben ihre eigenen Heiligen Schriften und einen Religionsstifter mit dem Namen Baha’u’llah.

Um 23:005 begleitet „kreuz und quer“, präsentiert von Doris Appel, einen Rabbi, einen Pfarrer und einen Imam ins Heilige Land.

Bahá’í – Religion im Zeitgeist

Weltweit bekennen sich etwa 6 Millionen Menschen zu diesem Glauben, und sie alle anerkennen Baha’u‘llah als den Gottesgesandten für das heutige Zeitalter. Sie sind davon überzeugt, dass der Baha’i-Glaube den geistigen Kern aller bisherigen Religionen bestätigt und weiterführt.

Die „Hängenden“ oder die „Persischen Gärten“ der Baha’i sind eine perfekte Komposition aus Architektur und Natur. Die neunzehn Terrassen auf dem Berg Karmel wurden gemeinsam mit dem Mausoleum des Bab 2008 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt.

Seit der Eröffnung der Terrassen im Jahr 2001 wurden sie von mehreren Millionen Menschen besucht; an manchen Tagen kommen bis zu 3000 Besucher. Die 1953 erbaute goldene Kuppel des Mausoleums, die von den Baha’i „Königin des Karmel“ genannt wird, ist das Wahrzeichen der Stadt Haifa.

Die junge Tirolerin Marina Penz ist Baha’i und hat sich entschieden, ein „Freiwilliges Soziales Jahr“ im Baha’i Weltzentrum zu machen. Die Baha’i nennen diese Zeit „Jahr des Dienstes“. Sie sagt, hier habe sich für sie ein Tor zu einem neuem Verständnis ihres Glaubens geöffnet, vor allem durch die Nähe zu den Heiligen Baha’i Stätten. Die deutsche Martha Otto begleitet Baha’i Pilgergruppen und bringt ihnen die Geschichte ihres Glaubens nahe.

200. Geburtstag des Stifters Baha’u’llah am 22. Oktober 2017
In der 30-minütigen ORF-Dokumentation begibt sich „kreuz und quer“ mit der Protagonistin Martha Otto und Marina Penz auf eine Reise zu den Baha’i-Pilgerstätten. Sie erzählen über die Glaubensinhalte dieser Weltreligion, die ihr Stifter Baha’u’llah, dessen 200. Geburtstag in diesem Jahr gefeiert wird, im 19. Jahrhundert in Persien verkündete.

Als Experte kommt Johann Figl zu Wort – er ist emeritierter Professor für Religionswissenschaft an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien. Sein Forschungsschwerpunkt sind Neue Religionen: „Die Baha’i-Religion ist eine Offenbarungsreligion, sie geht auf Baha’u’llah zurück, der die Botschaft für unser Zeitalter gebracht hat, und es ist eine universale Botschaft, an die ganze Menschheit gerichtet ... Hinzu kommt, dass sie zugleich zentrale Bedürfnisse des modernen Menschen anspricht, nämlich den Gedanken der Einheit der Welt, den Gedanken, an dieser Einheit mitzuwirken.“

Größte religiöse Minderheit im Iran
Bis heute werden Baha’i im Land ihrer Entstehung, im Iran, verfolgt. Sie sind die größte religiöse Minderheit, genießen aber keinerlei Schutz wie Juden oder Christen. Robert Weinberg, Sprecher der Internationalen Baha’i Gemeinde in Haifa:

„Warum werden ihre Kinder in Schulen tyrannisiert? Warum werden ihre Heiligen Stätten und Friedhöfe zerstört? Zweifelsohne, werden die Baha’i im Iran nur wegen ihrer Religion verfolgt. 1991 wurde im Iran ein Dokument abgefasst, das drei Jahre später von den Vereinten Nationen veröffentlicht wurde.

Es besagt, dass die Regierung darauf abzielt, die Baha’i Gemeinde zu vernichten und sie zu hindern, in der Gesellschaft voranzukommen. Weiters ist es den Baha’i nicht erlaubt, eine höhere Bildung zu erhalten; wird ein Student als Baha’i identifiziert, so muss er die Universität verlassen.“

Eine Konsequenz des Baha’i-Glaubens ist ein entschiedenes soziales Engagement.
Haleh Arbab, Vertreterin der Internationalen Baha’i-Gemeinde in Haifa: „Bei unserer Religion geht es hauptsächlich um die geistige Wandlung des Einzelnen und auch um die gesellschaftliche Neugestaltung – es ist eine Religion, für die beides wichtig ist … Wir als Baha’i entwickeln uns zu geistigen Menschen, indem wir die Heiligen Schriften lesen, meditieren, an uns selbst arbeiten, aber auch, indem wir für die Gesellschaft tätig sind – und das vor allem durch den Dienst an Anderen.“ In über 900 großangelegten, nachhaltigen sozialen und wirtschaftlichen Entwicklungsprojekten in aller Welt, darunter auch 600 Schulen, soll das umgesetzt werden.

Es gibt nicht nur die „eine Wahrheit“
Die Baha’i sind davon überzeugt, in ihrer Religion den Kern und die Sehnsucht aller Religionen vereint zu haben. Sie verstehen sich als Fortsetzung der bereits vorhandenen Religionen. Vielleicht auch als deren Erfüllung. Und sie glauben, dass die göttliche Offenbarung weitergehen wird. Die „eine Wahrheit“ gibt es für sie nicht. Die Aufgabe des Menschen sei es, weiter zu lernen und sich verantwortlich für die Zukunft der Menschheit einzusetzen.

Eine Dokumentation von Pia Patricia Schweizer
Regie: Pia Patricia Schweizer
Redaktion: Christoph Guggenberger

eine fast unmögliche Freundschaft

ORF/Peter Beringer

Eine fast unmögliche Freundschaft

Treffen einander ein Rabbi, ein Pfarrer und ein Imam … Was wie der Beginn eines Witzes klingt, hat sich tatsächlich ereignet: „kreuz und quer“ hat die drei Herren aus Österreich ins Heilige Land begleitet, wo sie gemeinsam die bedeutendsten Pilgerorte ihrer Religionen aufgesucht und über Gemeinsamkeiten und Unterschiede ihrer Religionen gesprochen haben:

Rabbi Schlomo Hofmeister, Pfarrer Ferenc Simon und Imam Ramazan Demir. Mit ihrer Reise unternehmen die drei – gemeinsam mit Studierenden – einen scheinbar unmöglichen Versuch. Denn in der öffentlichen Wahrnehmung stehen einander die drei Religionen distanziert gegenüber.

Zudem bedeutet die Befolgung der Regeln der jeweiligen Religion auch sich abzugrenzen: Männer von Frauen, Muslime von Juden, Juden von Christen. Es bedeutet unterschiedliche Zeiten einzuhalten, in denen man betet, fastet, arbeitet, keiner Arbeit nachgehen soll. Es bedeutet, bestimmte Orte nicht aufsuchen zu dürfen. Es bedeutet, dass Gemeinsamkeit oft nicht möglich ist. Dass dennoch nicht nur ein Nebeneinander, sondern ein Miteinander und sogar Freundschaft über Religionsgrenzen hinweg möglich ist, dokumentiert Peter Beringers Film „Eine fast unmögliche Freundschaft“.

Regie: Peter Beringer
Redaktion: Helmut Tatzreiter