Gandhi Institut in Rochester

ORF/Meta Film

„Ahimsa – Gandhis Kampf ohne Waffen“ und „Im Angesicht des Todes“

Vor 70 Jahren, am 30. Jänner 1948, wurde in Neu-Delhi Mohandas Karamchand Gandhi von einem Hindu-Extremisten erschossen. Die intensiven Bemühungen des „Mahatma“ (Große Seele) um eine Aussöhnung von Hindus und Muslimen im unabhängigen, aber geteilten Indien waren dem Attentäter ein Dorn im Auge.

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ORF

Sendungshinweis

Dienstag, 30. Jänner 2018
um 22.35 Uhr, ORF 2

Am Jahrestag seiner Ermordung zeigt „kreuz und quer“ am Dienstag, dem 30. Jänner 2018, um 22.35 Uhr in ORF 2 eine ORF-Dokumentation, die in mehreren Ländern gedreht wurde: Regisseur Christian Rathner war in Großbritannien, den USA, in Südafrika und Indien auf den Spuren Gandhis unterwegs.

Der Film beleuchtet wichtige Stationen auf Gandhis Lebensweg und lässt Menschen zu Wort kommen, die sich auch heute seinem Vorbild verpflichtet wissen: Mitarbeiter/innen des „Gandhi Development Trust“ in Durban oder des „Gandhi-Instituts für Gewaltfreiheit“ in Rochester, USA.

Zudem thematisiert die Doku den Einfluss Gandhis auf die schwarze Bürgerrechtsbewegung in den USA und auf den evangelischen Theologen Dietrich Bonhoeffer, der unter den Nazis hingerichtet wurde. Neben Expertinnen und Experten in Neu-Delhi, Ahmedabad und New York ist es gelungen, drei Enkel Gandhis zum Interview zu bitten: Ela, Rajmohan und Arun Gandhi.

Um 23.20 Uhr folgt die Dokumentation „Im Angesicht des Todes“ von Peter Kullmann und Magdalena Maier: Es grenzt an ein Wunder, dass der syrische Pater Jacques Mourad noch lebt: Im Mai 2015 von Dschihadisten aus dem syrischen Kloster Mar Elian verschleppt, verbrachte Pater Jacques 84 Tage in einem Verlies in der IS-Hochburg Rakka.

Ständigen Todesdrohungen und Scheinexekutionen ausgesetzt, um seine Konversion zum Islam zu erzwingen, überlebte er diese Folter gerade durch seinen christlichen Glauben und die Hinwendung zum Gebet.

Ausgerechnet sein Engagement für ein friedliches Zusammenleben von Christen und Muslimen war es, das ihn zur Zielscheibe der militanten Islamisten machte. Denn sein Kloster Mar Elian in Karjatain galt nicht nur als Zentrum christlich-islamischen Dialogs, sondern war zuletzt auch Zufluchtsstätte für Flüchtlinge.

Gandhi Institut in Rochester

ORF/Meta Film

„Ahimsa – Gandhis Kampf ohne Waffen“

Gandhi war eine vielseitige Persönlichkeit: ein interreligiöser Denker, der mühelos Ost und West, Bhagavad-Gita und Bergpredigt verband; ein eifriger Publizist und Philosoph, ein politischer Aktivist, ein Vordenker und Praktiker des gewaltfreien Widerstands, ein ideenreicher Anführer der indischen Befreiungsbewegung. Der kleine Mann, nur in selbst gewobene weiße Baumwolle gehüllt, wurde bald weltweit zum Inbegriff des zivilen Widerstands.

Die „kreuz und quer“-Dokumentation bietet auch eine Einführung in gandhisches Denken und die Praxis des gewaltfreien Widerstands. Gandhi verstand seine Kampfmethode gegen die britischen Kolonialherren nicht als passiven, sondern als höchst aktiven Widerstand. „Satyagraha“ („Kraft der Wahrheit“) war sein Wort dafür. Als „höchstes Ideal“ aber bezeichnete Gandhi die Gewaltfreiheit („Ahimsa“), die in allen seinen Überlegungen Ausgangspunkt und Grundlegung war. So wird es verständlich, warum für den Hindu Mohandas Gandhi die Bergpredigt des Matthäus-Evangeliums von zentraler Bedeutung war.

Ein Film von Christian Rathner

Pater Jacques Mourad in einem Flüchtlingslager in Kurdistan

ORF/Moviekowski Film

„Im Angesicht des Todes“

Dass ihn seine Peiniger dennoch nicht töteten, verdanke er einzig dem Umstand, so Pater Jacques, dass er sich über 15 Jahre lang intensiv für den interreligiösen Dialog eingesetzt und sich in dem andauernden syrischen Bürgerkrieg nicht nur um seine christliche Gemeinde, sondern gleichermaßen um muslimische Flüchtlinge gekümmert hatte.

Denn der interreligiöse Dialog ist für Pater Jacques nicht nur eine Ansammlung hehrer Worte, sondern gelebte Nächstenliebe. Dies beweist auch der Umstand, dass es ausgerechnet Muslime waren, die ihm zur Flucht aus seiner IS-Gefangenschaft verhalfen.

Nach seiner Flucht fand Pater Jacques, psychisch und physisch gezeichnet, in Italien Zuflucht. Der syrisch-katholische Priester ist noch keine 50 Jahre alt, doch sein Körper ist schwer gezeichnet von dem, was er durchlitten hat – Krieg, Geiselnahme, Folter. Dennoch hadert er nicht mit seinem Schicksal.

Pater Jacques ist jemand, der vor allem an andere denkt. Die Bilder aus seinem Heimatland Syrien hat er tagtäglich im Kopf, die Zerstörung, das Leid und den allgegenwärtigen Tod: „Es ist eines der schwierigsten Dinge, wenn man das Leiden anderer sieht. Da vergisst man das eigene.

Wenn wir leiden, wenn wir sehen, wie ein geliebter Mensch Trauer oder Schmerz empfindet, wie soll es Gott dabei ergehen?“ Nach Syrien kann Pater Jacques nicht zurückkehren – nicht vorrangig wegen des Krieges und seiner körperlichen Beschwerden, sondern weil ihm aufgrund seines Engagements erneut eine potenziell tödliche Gefahr von verschiedenen Konfliktparteien droht.

Angst vor dem Tod hat der Pater aber nicht. Und selbst die Folter seiner IS-Peiniger konnte ihn nicht zum Schweigen bringen – vielmehr reist Pater Jacques heute quer durch Europa, schildert in gut besuchten Vorträgen und bei Fernsehauftritten seine Erlebnisse und predigt dabei vor allem seine zentrale Erkenntnis: „Wir müssen Brücken bauen für einen offenen Dialog der Religionen. Selbst den radikalsten Glaubenskriegern müssen wir die Hand reichen und mit ihnen reden.“

Ein Film von Peter Kullmann und Magdalena Maier