Marjo Korpel, Professorin für das Alte Testament an der Protestantischen Theologischen Universität in Amsterdam und Groningen

ORF/ZDF/Alexander Hein

„Die Suche nach dem Paradies“ und „Dem Geheimnis auf der Spur – Bruder David Steindl-Rast“

Gibt es das Paradies auf Erden? Und wenn ja, wo liegt es? Fest steht, es gilt als Ort des vollkommenen Glücks: in der Werbung, als Reiseziel oder als Versprechen in den Religionen.

Logo von Kreuz & Quer

ORF

Sendungshinweis

Dienstag, 20. März 2018 um 22.35 Uhr, ORF 2

Die Journalistin Lena Ganschow macht sich in der „kreuz und quer“-Dokumentation „Die Suche nach dem Paradies“ von Andreas Sawall um 22.35 Uhr in ORF 2 auf die Suche nach dem Paradies in der Gegenwart und der Vergangenheit. Und sie findet Erstaunliches heraus.

Um 23.20 Uhr folgt mit „Dem Geheimnis auf der Spur – Bruder David Steindl-Rast“ ein von Robert Neumüller gestaltetes sehr persönliches Porträt eines ganz außergewöhnlichen Menschen.

Marjo Korpel, Professorin für das Alte Testament an der Protestantischen Theologischen Universität in Amsterdam und Groningen

ORF/ZDF/Alexander Hein

„Die Suche nach dem Paradies“

1903 gibt es am kaiserlichen Hof in Berlin einen Skandal, der weltweit für Aufsehen und Diskussionen sorgt. Friedrich Delitzsch, Professor für Assyriologie und semitische Sprachen, Mitbegründer und Direktor der Deutschen Orient-Gesellschaft, behauptet:

Die Paradies-Erzählung der Bibel geht auf ältere, babylonische Quellen zurück. Das war Gotteslästerung – denn was heute Wissenschaft und Theologie gleichermaßen als selbstverständlich ansehen, durfte damals nicht sein. Ein ganzes Jahrzehnt beschäftigt dieser sogenannte Babel-Bibel-Streit Theologen, Wissenschafter und die Presse. Besonders pikant: Der deutsche Kaiser Wilhelm II. persönlich ist involviert. Von ihm hängt es ab, ob das Paradies eine göttliche Offenbarung oder menschliche Erfindung ist.

Der italienische Historiker und Theologe Alessandro Scafi hat entdeckt, dass auf alten Weltkarten immer wieder das Paradies als ganz konkreter Ort eingezeichnet ist.

Stets auf jenen sogenannten weißen Flecken der Erde, die bis dahin noch nicht erforscht waren. So „wanderte“ das Paradies bis auf den amerikanischen Kontinent und sogar zum Nordpol. Glaubten die Menschen also an ein konkretes Paradies auf Erden? Wie sieht das Paradies im Islam aus?

Bekannt sind die paradiesischen Versprechungen, die den Selbstmordattentätern und ihren Angehörigen gemacht werden, ohne Umweg ins Paradies zu kommen, in dem alle Wünsche für jeden Mann – und jede Frau – erfüllt werden. Tatsächlich hofft jeder Muslim auf ein Leben im Paradies nach seinem Tod.

Dafür muss ein streng gottgefälliges Leben auf Erden geführt werden. Die Bilder des muslimischen Paradieses sind: sattes Grün, Wasserfälle und Blumen, eine liebliche Landschaft, die alle Plackerei auf Erden vergessen lässt.

Der niederländische Anthropologe und Biologe Carel van Schaik (Autor von „Tagebuch der Menschheit. Was die Bibel über unsere Evolution verrät“) ist überzeugt, dass es das Paradies auf Erden gab – und zwar vor der Sesshaftwerdung des Menschen. Die wird zum Sündenfall, denn solange die Menschen Nomaden waren, lebten sie angeblich im Einklang mit der Natur und Schöpfung.

Auf ihrer Suche nach dem Paradies trifft Lena Ganschow Historiker/innen, Anthropologinnen und Anthropologen, Mediziner/innen sowie Theologinnen und Theologen in ganz Europa. In aufwendigen Reenactments werden der Babel-Bibel-Streit zwischen Friedrich Delitzsch und der Gesellschaft am Hofe Kaiser Wilhelms II. inszeniert. Weitere Spielszenen visualisieren die neuen Erkenntnisse über die babylonischen Wurzeln der Geschichte von Adam und Eva im Garten Eden.

Ein Film von Andreas Sawall

„Dem Geheimnis auf der Spur – Bruder David Steindl-Rast“

Wie kommt es, dass ein „ganz einfacher Mönch“ mit seinen Büchern auf der ganzen Welt eine riesige Leserschaft findet? Dass seine Homepage „Dankbar leben“ von Amerika ausgehend ein globaler Erfolg ist? Dass der Dalai Lama das Vorwort für sein zutiefst christliches Buch „Credo“ schreibt? Bruder David Steindl-Rast wurde 1926 in Wien geboren. Nach Krieg und Studium trat er 1952 im Staate New York dem Benediktinerorden bei.

In der Neugründung Mount Saviour lebten die Mönche in einer zugigen Scheune streng nach alten Regeln. Durch den interreligiösen Dialog kam er mit dem Buddhismus in Berührung. In Tassajara (Kalifornien) fand er seinen Meister Suzuki Roshi, bei dem er einige Jahre blieb und lernte.

Zu seiner eigenen Überraschung fand er nicht nur große Ähnlichkeiten im Mönchsleben, sondern auch in der spirituellen Tiefe. Erst mit 60 Jahren, nach 30 Jahren Kontemplation, Studium und Meditation, schrieb er aus diesem Erfahrungsschatz heraus sein erstes Buch, „Fülle und Nichts“.

Viele weitere sollten folgen. Dieser Schritt in die Öffentlichkeit führte zu Vortragsreisen, Fernsehauftritten und er wurde sogar Teacher in Residence im renommierten Esalen-Institute in Big Sur (Kalifornien). Es war die Hochblüte von New Age, wo er mit seinem spirituellen Erfahrungsschatz die nötige Ernsthaftigkeit und Tiefe beizutragen wusste.

„Ich bin Christ“, sagt der heute 91-Jährige, wenn er wieder mehr Zeit in Österreich verbringt. Hier schreibt er auch an seiner Autobiografie. Für diese Arbeit ist er seinen eigenen Geheimnissen auf der Spur. Diese Reise, auf der ihn der Film begleitet, führt ihn viele Generationen zurück in das Schloss seiner Vorfahren und in den Wallfahrtsort Maria Rast (Ruše, Slowenien), dem die Familie ihren Namen verdankt.

Voller Humor und Offenheit begibt er sich auch zu den Stationen seines eigenen Lebens. Vom Geburtshaus in Hietzing zur Kaasgrabenkirche, wo er die Nazizeit im Widerstand überlebte, bis zu jener Gasse nahe der Neulandschule, wo er sein eigenes Leben dem Opfer eines anderen Lebens verdankt. Dankbarkeit begleitet ihn seither ein Leben lang.

Auch ein Leben lang begleitet ihn die Lyrik Rainer Maria Rilkes, seit seine Mutter ihm als Zehnjährigen „Das Stunden-Buch“ geschenkt hat. Für Steindl-Rast ist Rilke nicht nur der „Rock ’n’ Roll“ seiner Jugend, sondern ein wahrer Mystiker. Zum ersten Mal besucht Bruder David das Schloss Duino, wo Rilke seine „Duineser Elegien“ schrieb.

Regisseur Robert Neumüller hat bereits vor 25 Jahren mit Bruder David gedreht. Aus dieser Zeit gibt es mehrere ORF-Produktionen, aus denen auch Ausschnitte im Film zu sehen sind. So entstand ein sehr persönliches Porträt eines ganz außergewöhnlichen Menschen. „Dem Geheimnis auf der Spur“ zu sein bedeutet für Bruder David auf einer lebenslangen Reise zu sein – auf Gott zu, von dem er aus großem Respekt und aus dem Wissen um das Nichtwissen-Können heraus als das „große Geheimnis“ spricht.

Ein Film von Robert Neumüller