„Holz auf Jesu Schulter“

Eigentlich verlockt ja die meisten Menschen Sonnenschein und gute Laune zum Singen. Doch manche Lieder können auch durch schwere Zeiten begleiten.

Morgengedanken 6.4. zum Nachhören:

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Evangelische singen gerne. Oft heißt es ja, die evangelischen Kirchen sind Kirchen des Wortes und das stimmt ja auch. Aber zum Wort, zum Lesen und Hören gehören auch das Singen und die Musik.

Michael Bünker
ist Bischof der evangelisch-lutherischen Kirche in Wien

Musik kann heilen

Nun ist mir aufgefallen, wie viele evangelische Kirchenlieder es für die Passionszeit, die Fastenzeit gibt. Es sind 24 Lieder im evangelischen Gesangbuch! Mehr gibt es nur für Weihnachten. In der Passionszeit stimmen sich die Christinnen und Christen ein auf das Leiden Jesu, auf den Abschied von den Jüngern, auf Verrat und Verleugnung, auf seinen Weg zum Kreuz. Und ausgerechnet dafür gibt es so viele Lieder? Ist das nicht merkwürdig? Lässt das Denken an Leiden, Gewalt und Tod die Menschen singen? Singen die Menschen nicht eher dann, wenn es ihnen gut geht, wenn sie fröhlich sind wie bei einer Geburtstagsfeier oder begeistert wie im Fußballstadion?

Oft erlebe ich es, dass es einem, wenn es schlecht geht, die Rede verschlägt und die Stimme im Hals stecken bleibt. Aber beim Leiden Jesu wird gesungen. Die Passionen der großen Komponisten bringen beides zum Ausdruck: Die Trauer, aber auch den Trost, der in der Musik liegt. Oft habe ich es bei Beerdigungen erlebt, dass die Tränen gerade dann fließen, wenn ein Lied gesungen wird. Musik kann heilen, kann trösten und helfen auch Schweres zu ertragen.