„Der Seher Otto Mauer“

Er galt als eine der intellektuellen Speerspitzen des Nachkriegs-Österreich. Als römisch-katholischer Priester war Otto Mauer ein Radikaler in Glaube und Lebensführung, ein legendärer Prediger, Inspirator und Künstlermäzen.

Seine sprachgewaltigen Predigten faszinierten Tausende, auch jene, die sich von der römisch-Katholischen Kirche innerlich schon abgewandt hatten. Auch die österreichische Avantgarde-Kunst der 1950 bis -60er Jahre ist untrennbar mit dem Namen Otto Mauers als Förderer und Brückenbauer verbunden.

Erneuerung der katholischen Kirche

Mit 14 Jahren schon wollte der Sohn eines Sparkassenbeamten aus Brunn am Gebirge Priester werden und begann sich schon damals intensiv mit der Kunst zu befassen. 1931 ließ er sich zum Priester weihen und wirkte danach als Kaplan in Schwechat. Von seinem ersten Gehalt kaufte der den Kindern einen Fußball. Der Jugend war er sehr verbunden, weil er in der Jugendbewegung „Bund Neuland“ fest verwurzelt war. Dieser war angetreten, die katholische Kirche von innen zu erneuern.

Porträt Otto Mauer, schwarz-weiß

APA/Viktor Stellamor

Otto Mauer

Während der Nazi-Zeit wurde Otto Mauer mehrmals verhaftet und mit Predigtverbot belegt. Die Gestapo vermerkt nach intensiven Verhören, das Otto Mauer einer „der intransigentesten Gegner des Nationalsozialismus“ sei. Nach dem Krieg trug der Katholikentag 1952 über die „Freiheit und Würde des Menschen“ seine Handschrift, auch jener von 1962 unter dem Titel „Löscht den Geist nicht aus“. Vor 60 Jahren - 1954 - wurde Otto Mauer Domprediger in St. Stephan. Zusammen mit dem Publizisten Otto Schulmeister gab er die damals bedeutende Monatszeitschrift „Wort und Wahrheit“ für Religion und Kultur heraus.

Unermüdliches Engagement

Mauer kritisierte die geistigen Verknöcherungen in der Kirche, die dazu geführt hatten, dass sie seit dem 19.Jahrhundert den Anschluss an die zeitgenössische Kunst und damit auch den Anschluss an zeitgemäße Glaubensformen verloren hatte. Er gründete in der Grünangergasse in Wien die berühmte Galerie nächst St. Stephan. Bald nach ihrer Gründung wurde sie zum Zentrum der österreichischen Avantgardekunst.

Praxis Spezial

Mittwoch, 20.8.2014, 16.00 Uhr, Ö1

Künstler wie Alfred Kubin, Hans Fronius, Arnulf Rainer, Josef Mikl, Wolfgang Hollegha, Markus Prachensky, Maria Lassnig, Oswald Oberhuber Herbert Boeckl, Friedensreich Hundertwasser und Christian Ludwig Attersee verdanken Otto Mauer, dass er sie unterstützt, ausgestellt und gegen Angriffe verteidigt hat.

Am 3. Oktober 1973 ist er gestorben. Auf seinem Grabstein steht Otto Mauer: Priester, Mahner, Tröster.

Gestaltung: Johannes Kaup

Praxis 20.8. zum Nachhören:

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