In Memoriam Walter Thirring

Themen: ein Nachruf auf den Physiker Walter Thirring, ein Porträt der jüdischen Gemeinde in Komarno/Ungarn und ein Bibelessay von Helga Kohler-Spiegel

Star-Physiker und Gott-Sucher – In Memoriam Walter Thirring

Walter Thirring zählte zu jenen Vertretern seiner Zunft, die man getrost Star-Physiker nennen kann. Gemeinsam mit Elliott Lieb ist ihm 1975 sein wohl bekanntester mathematischer Beweis gelungen: Sie konnten zeigen, dass Materie stabil ist und Elektronen und Atomkerne nicht aufgrund der einander anziehenden elektrischen Kräfte in sich zusammenfallen. Am vergangenen Dienstag, dem 19. August, ist Walther Thirring 87-jährig gestorben.

Erfüllte Zeit
Sonntag, 24.8.2014, 7.05 Uhr, Ö1

Schon in jungen Jahren hatte er seinen Vater, der selber Physiker war, um ein Lehrbuch der Physik gebeten und 600 Seiten theoretische Physik in drei Monaten durchgeackert. Noch keine 16 Jahre alt, musste Thirring dem Dritten Reich als Flakhelfer dienen. Doch, so erzählte er einmal, benutzte er seine Mathematikkenntnisse, um die Winkelkoordinaten der Schussberechnung so umzurechnen, „dass die Granate jeweils etwa 50 Meter hinter dem Flugzeug explodierte“.

Die Schule konnte er wegen des Kriegs nicht abschließen, doch er überzeugte den Dekan der Uni Innsbruck von seinen Physikkenntnissen und durfte ohne Maturazeugnis inskribieren. Das Studium hat er in der minimalen Zeit von drei Jahren abgeschlossen, und mittels Sondererlass erlangte er die Doktorwürde auch ohne Hochschulreife. 2009 hat er dann übrigens von seinem Gymnasium, der Neulandschule in Wien-Grinzing, ein Maturazeugnis „honoris causa“ bekommen.

Nach der Promotion ist Thirring ins Ausland gegangen, wo er mit den bedeutendsten Physikern seiner Zeit zusammengearbeitet hat: Mit Erwin Schrödinger, Werner Heisenberg und Wolfgang Pauli, in Princeton traf er auch Albert Einstein.

Thirring leitete unter anderem von 1968 bis 1971 die Abteilung für theoretische Physik am CERN und war nach seiner Rückkehr in Wien maßgeblich an der Gründung des Internationalen Erwin-Schrödinger-Instituts für Mathematische Physik beteiligt.

Zahlreiche Repräsentanten des offiziellen Österreich haben Walter Thirring gewürdigt. Darunter auch hohe Kirchenvertreter: „Mit dem Tod von Walter Thirring verliert die evangelische Kirche in Österreich einen prominenten Vertreter und die evangelische Gemeinde in Wien-Döbling ein langjähriges, treues Mitglied“, hat der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker geschrieben, der Thirring als „engagierten Partner im Gespräch zwischen Theologie und Naturwissenschaft“ bezeichnet. Sein Glauben gründete nach seinen eigenen Worten in der persönlichen Erfahrung, dass ihn Gott durch sein Leben begleitet und behütet hat. „Für ihn war Glauben und Wissen kein Gegensatz“, schreibt Bischof Bünker und der römisch-katholische Erzbischof von Wien, Kardinal Christoph Schönborn, nennt Thirrring einen hartnäckigen Gott-Sucher.

Die „Erfüllte Zeit“ wiederholt ein Gespräch, das der gläubige Physiker im Oktober 2002 mit Kardinal Franz König geführt hat. – Gestaltung: Johannes Kaup

Klein und unverdrossen – Die jüdische Gemeinde von Komarno

Komarno liegt knapp zwei Autostunden von Wien entfernt auf der der slowakischen Seite der Donau, gleich vis-a-vis von der ungarischen Schwesterstadt Kamarom. Nicht nur auf der ungarischen Seite, auch in der slowakischen Stadt Komarno leben mehrheitlich Ungarn und Ungarinnen - etwa 60 Prozent. Auch die kleine in Komarno lebende jüdische Gemeinde ist mehrheitlich ungarisch-sprachig.

Vor dem Zweiten Weltkrieg lebten hier mehr als 2.700 Jüdinnen und Juden, heute zählt die Gemeinde 40 Mitglieder, die meisten sind schon betagt. Dennoch versuchen sie, die jüdischen Traditionen am Leben zu erhalten. Keine leichte Aufgabe, denn die jüngere Generation verlässt die Stadt am Donauufer: Die Perspektiven sind schlecht, mehr als ein Viertel der Bürger und Bürgerinnen von Komarno ist arbeitslos. Judith Fürst hat die kleine jüdische Gemeinde der Stadt an der slowakisch-ungarischen Grenze besucht.

Petrus, der Fels - Bibelkommentar zu Matthäus 16, 13 - 20

Jener Ausschnitt aus dem Matthäusevangelium, der für diesen Sonntag in der katholischen Liturgie vorgesehen ist, ist ein folgenschwerer Text, denn auf diesen Zeilen beruht in der römisch-katholischen Lesart die, um es pointiert zu sagen, “Oberhoheit“ des Papstes, als des Nachfolgers des Apostels Petrus, über die gesamte Christenheit.

Gedanken dazu stammen von Helga Kohler-Spiegel. Sie ist Professorin an der Pädagogischen Hochschule Vorarlberg, Psychoanalytikerin, Psychotherapeutin und Lehrsupervisorin in Feldkirch.

Bibelkommentar zu Matthäus 16, 13 - 20

Moderation: Martin Gross

Erfüllte Zeit 24.8.2014 zum Nachhören:

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