Zeit vergeht

Warum es nicht immer nur ein Vorteil ist, wenn die Zeit genauer gemessen wird...

Morgengedanken 20.11. zum Nachhören:

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Es ist verrückt – Je genauer die Menschen die Zeit messen wollen, umso schneller vergeht die Zeit und umso weniger Zeit haben sie. Als Menschen einen Termin nach dem Sonnenstand vereinbart haben, war klar, dass mindestens einer warten musste, aber es war kein Problem, man hatte ja Zeit. Als es Uhren mit Stundenzeigern gab, meist nur an der Kirche oder am Rathaus, wurde die Zeitmessung etwas genauer, aber auch da musste aufeinander gewartet werden.

Olivier Dantine
ist Superintendent der evangelisch-lutherischen Diözese Salzburg/Tirol

Einfach stehen bleiben

Mit der Industrialisierung musste die Zeit immer genauer gemessen werden, die Arbeitszeiten mussten nämlich getaktet werden. Und mit der Eisenbahn mussten die jeweiligen Ortszeiten auch noch vereinheitlicht werden, die Uhren genauer aufeinander abgestimmt werden. Und heute mit Quarz- und Funkarmbanduhren, mit Internet-Zeit am Handy, da werde ich schon nervös, wenn ich fünf Minuten auf jemanden warten muss. Hat er den Termin vielleicht verschwitzt? Komme ich auch rechtzeitig wieder hier weg? Auch mit der genauesten Zeitmessung lässt sich die Zeit nicht einfangen, ganz im Gegenteil. Je mehr ich es versuche, desto mehr huscht sie davon.

Ich komme mir manchmal vor wie der berühmte Esel, vor dessen Nase der Reiter eine Karotte an der Angel hält. Vielleicht muss ich Esel einfach mal stehen bleiben, um das saftige Gras am Wegesrand zu genießen.