Bub oder Mädchen?

Ob man sie oder ihn nun mag oder nicht: Zu den auffälligsten Persönlichkeiten des Jahres 2014 zählt Conchita Wurst auf jeden Fall.

Morgengedanken 18.12. zum Nachhören:

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„Papi, ist der Weihnachtsmann eigentlich ein Bub oder ein Mädchen? Und wie ist das mit Gott?“ Mit diesen Fragen hat mich unsere älteste, sechsjährige Tochter Ruth zuletzt aus dem Konzept gebracht. In den ersten zwei Wochen im Dezember haben sie im Kindergarten unserer Töchter, wie in hunderten Kindergärten anderswo wohl auch, Nikolos aus Karton und roter und goldener Farbe gebastelt.

Harald Kluge
ist evangelisch-reformierter Pfarrer in Wien

Bartträgerinnen

Dazu passend den Rauschebart aus Watte aufgeklebt und mit Stiften Augen, Nase und Mund gemalt. Unter den vielen hübschen, aber doch recht einheitlich gelungenen Nikolofiguren der Kindergartengruppe unserer Töchter, hob sich dann doch ein Nikolo hervor. Es gab da diesen klitzekleinen aber nicht zu übersehenen Unterschied. Der Nikolo hatte einen vollen Rauschebart und dazu lange aufgemalte Wimpern und volle rote Lippen. Und auf der Bischofsmütze stand denn auch der Name der Künstlerin, unsere Tochter: Ruth.

Auf die Frage, ob ihr Nikolaus eine Nikol oder eine Nikola ist, also warum sie dem Nikolaus oder der Nikol so lange Wimpern gemalt hat. „Na, sie ist ein Mädchen.“ Ja, aber sie hat auch einen weißen Vollbart, entgegne ich. „Na und, den hat die Königin ja auch.“ Seit wir den Eurovisionsongcontest als Familie geschaut haben, kann Ruth nicht genug von dieser wunderbaren Frau mit Bart, langem Kleid und langen Haaren, ihrer „Königin“, bekommen. Für Ruth und Ronja ist es kein Problem, und sie sind sich sicher, dass es Weihnachtsfrauen geben muss. Und wenn die wollen, können die auch Bart tragen, ist doch egal. Und wenn die Weihnachtsmänner wollen, können die auch lange Kleider tragen und mit getuschten Wimpern klimpern und sich rote Lippen malen. Das ist doch lustig. Und Gott ist da nicht so streng. Sollten wir auch nicht sein.