Der Mensch ist kein Unschuldslamm

Egal was passiert – ein Schuldiger ist immer rasch gefunden! Das war schon im Garten Eden so...

Morgengedanken 25.3.2015 zum Nachhören:

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Wer hat Schuld? Wenn irgendwo etwas passiert, wenn irgendwo etwas nicht verläuft, wie es doch sein sollte, dann erhebt sich sehr schnell die Frage: Wer hat Schuld? Wer kann zur Verantwortung gezogen werden?

Brigitte Thalhammer
ist Provinzleiterin des katholischen Ordens der Salvatorianerinnen in Österreich

Es sind immer die anderen...

Ich erlebe hier ein Paradox. Einerseits wird die Möglichkeit eines schicksalhaften Verlaufs oder einer Verkettung unglücklicher Umstände kaum mehr akzeptiert. Es muss irgendwo einen Schuldigen geben – jemanden, an dem man die Schuld festmachen kann – und dann eventuell auch klagen kann. Und zugleich scheint diese Entwicklung die urmenschliche Neigung, sich der Verantwortung zu entziehen, noch zu verstärken. Schon in der Erzählung des Anfangs schiebt ein Mann die Verantwortung auf eine Frau und die gibt die Schuld an die Schlange weiter. Es sind immer die anderen – und im Zweifelsfall sind es die Gene oder neuronale Prozesse im Gehirn. Es ist schwierig, einen Fehler einzugestehen – es ist schwierig zu sagen, das ist meine Schuld.

Aber gehört es nicht zur Größe des Menschen, dass er kein Unschuldslamm ist? Wir gehen nicht fehlerfrei durch diese Welt, wir verletzen und wir werden verletzt – wir sind nicht perfekt - und wir sind darauf verwiesen, dass uns trotz Fehlern und trotz Schuld, Achtung entgegengebracht wird – dass uns vergeben wird – und wir anderen vergeben können