Fantasiespiele

Fantasie ist ein großer Reichtum, meint Gisela Ebmer. Sie lässt sich immer wieder gerne auf die Fantasiespiele ihrer Enkelkinder ein.

Morgengedanken 28.6.2015 zum Nachhören:

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Ich sitze hinten im Auto meines Sohnes, neben mir im Kindersitz mein fast dreijähriger Enkel Juri. Er nascht kleine Salzbrezel. Und er stellt fest, dass da einige kaputt sind in seiner Box. Plötzlich nimmt er ein zerbrochenes Brezel, schwenkt es in der Luft, und sagt: Da kommt Wasser raus. Aus einem abgebrochenen Ende hat er einen Wasserhahn gemacht. Ich habe meine Hände darunter gehalten, er hat das Wasser eingefüllt, und ich habe genüsslich aus meiner Hand frisches Wasser getrunken. Juri hat sich sehr darüber gefreut, fröhlich gelacht, und wollte gleich seinem Papa, der am Steuer saß, auch Wasser reichen.

Gisela Ebmer
ist Fachinspektorin für den evangelischen Religionsunterricht an Höheren Schulen

Wirklichkeiten werden neu erfunden

Dann war ich bei Oskar, meinem anderen Enkelkind, ebenfalls drei Jahre alt. Er wollte mir auf seinem Tablett unbedingt den Bagger mit Tieflöffel zeigen, wie er Sand auf den Kipplaster auflädt. Dazu hat er ein flaches Kissen verwendet, das war sein Tablett, dann hat er im Eck gedrückt, danach gewischt und mir ganz genau erklärt, wie der gesamte Arbeitsprozess des Baggerführers funktioniert.

Ich spiele bei diesen Fantasiespielen liebend gerne mit. Kinder wissen, dass sie spielen, dass das alles nicht echt ist, aber sie sind fasziniert, wenn Erwachsene auf ihre Gedankenwelt einsteigen. Ein Gedanke ergibt dann den anderen. Ganze Wirklichkeiten werden neu erfunden. Seit Jahrtausenden ist es ein Merkmal von Religion und eine wichtige Voraussetzung zur Veränderung unserer Gesellschaft und zum Erfinden neuer Wirklichkeiten, dass Menschen über den eigenen Tellerrand hinausdenken können.