Wahrheiten

Es gibt verschiedene Arten von Wahrheit, nicht nur das, was wir messen und berechnen können, sondern auch eine Wahrheit, die darüber hinausweist.

Morgengedanken 30.6.2015 zum Nachhören:

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Vor etwa einer Woche habe ich meine Schüler der 4. Klasse Gymnasium im Religionsunterricht eine eigene Schöpfungsgeschichte schreiben lassen. Wir hatten zuerst geklärt, dass es einen Unterschied in der Ausdrucksweise gebe, je nachdem, ob man naturwissenschaftlich über die Entstehung und Entwicklung unserer Welt spricht, oder ob man seine Gefühle und den Sinn des Universums zum Ausdruck bringt.

Gisela Ebmer
ist Fachinspektorin für den evangelischen Religionsunterricht an Höheren Schulen

Das Staunen lernen

Beides ist eine Art von Wahrheit. Die eine kann man messen, berechnen, erforschen. Die andere kann man fühlen, sie ist für jeden anders, aber dennoch wahr. Dass in der Bibel steht, Gott habe alles gut für uns geschaffen – und siehe, es war sehr gut – spricht das Gefühl an von Menschen, die glücklich und dankbar sind über unsere Erde und unser Leben. Es geht in der Bibel nicht um einen physikalischen Tatsachenbericht. Meine Schüler haben das verstanden und ich dachte mir, wenn sie einen eigenen Mythos schreiben, dann bekommen sie vielleicht noch mehr ein Gespür für das, was biblische Sprache ausmacht. - Und da habe ich dann festgestellt, dass einer meiner Schüler, ein sehr begabter mit guten Noten, dazu überhaupt nicht in der Lage war. Er schrieb mit einfachen Worten die wissenschaftlichen Erkenntnisse nieder – ohne jedes Gefühl, ohne Freude, ohne Dankbarkeit, oder auch ohne Angst, Bedrohung, Leidenschaft.

Ich wünsche meinem Lukas, der so hängt am Materiellen und am Leistungsdenken, dass er das Staunen lernt über die Wunder der Schöpfung, dass er Fantasie und Kreativität entwickeln kann und die Frage nach dem Sinn ihn in fruchtbarer Weise immer wieder begleitet.