Erwachen im schottischen Schloss

„Urlaub wie damals“ – nach diesem Motto hat Harald Kluge in Reiseerinnerungen gekramt. Heute berichtet er von seinen Erfahrungen, als er mit dem „Interrail“-Ticket unterwegs war – und einmal in einem echten Schloss aufgewacht ist.

Morgengedanken 26.7.2015 zum Nachhören:

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Als man noch mit 1.300 Schilling ein Monat per Interrail durch Europa reisen konnte, durften Rucksacktouristen auch in einem echten Schloss in den schottischen Highlands nächtigen. Carbisdale Castle im schottischen County Rossshire, war für uns als passionierte Jugendherbergler in den frühen 90ern ein Lebenstraum. Einmal im Leben nächtigen und dinieren in einem riesigen Speisesaal unter klimpernden Kandelabern, in dem Lords und Ladys in früheren Epochen aufgetanzt haben und heute die Ritterrüstungen verstauben.

Harold Salvesen, Spross der Sutherlandsfamilie, verschenkte sein Anwesen 1945 an den schottischen Jugendherbergsverband. Denke sich das einer für Schloss Schönbrunn oder Schloss Hof einmal aus!

Harald Kluge
ist evangelisch-reformierter Pfarrer in Wien

Dudelsack und Weiße Frau

Da es für Gäste Pflicht ist, in Jugendherbergen morgendlich zu putzen oder andere Dienste zu übernehmen, wurden ich und mein damaliger Freund zum Aufwischen des großen Eingangssaales samt Prachttreppe verdonnert. Während aus dem Soundblaster „Aqualung“ von Jethro Tull tönte, versuchte unser Putztrupp in den zwei Stunden Reinigung keine der Marmorskulpturen von 1857 umzuwerfen.

Leider heißt es in dieser romantischsten aller Jugendherbergen seit 2011 für Rucksacktouristen: Kein Zimmer frei! Ein unbekannter Investor hat sich dieses Schmuckstück unter den Nagel gerissen, inklusive Gespenstergeschichten rund um eine Weiße Frau, um gefallene Soldaten und um einen ominösen Dudelsackspieler, der morgendlich die Besucher aufweckt, den jedoch - wie jenen Investor - bisher nie jemand zu Gesicht bekommen hat.