Schuld und Sühne

Wer gesteht schon gern Fehlleistungen ein? Aber: Wer nie etwas dafür kann, wer nie Verantwortung übernehmen will, der reduziert sich selbst zu einem Produkt seiner Umwelt und der Umstände.

Morgengedanken 20.11.2015 zum Nachhören:

Dieses Element ist nicht mehr verfügbar

Die Frage nach Schuld und Sühne ist für viele von uns unangenehm. „Ich kann nichts dafür!“, kommt uns öfter über die Lippen als „Ja, ich war’s!“ Wer gesteht schon gerne Fehlleistungen ein … Aber – auch beim Ignorieren – wird nicht ungeschehen, was misslungen ist. Manchmal kann man Dinge wieder gutmachen, dann passt’s wieder. Manchmal nicht. Dann gibt’s Strafe – zunächst vor den Menschen, vielleicht, wenn wirklich viel misslungen ist, auch vor dem Gericht und dem Staat.

Militärsuperintendent Karl-Reinhart Trauner
ist Leiter der evangelischen Seelsorge beim Österreichischen Bundesheer

Verantwortung vor Gott und den Menschen

Vor allem früher haben Menschen auch die Strafe Gottes gefürchtet und deshalb Opfer, Sühneopfer dargebracht. Gott haben sich also diese Menschen als Rächer vorgestellt. – Ich gebe zu, dass ich mit einem solchen Gottesbild meine Probleme habe. Die Botschaft der Bibel wird damit zu einer Drohbotschaft – statt eine Frohbotschaft zu sein. Egal, wie ich zum Herrgott steh, gerne Schuld an etwas bin ich nicht. Naheliegend ist die Suche nach Gründen, dass ich gar nicht verantwortlich bin. Es wird Dinge geben, wo ich keine Verantwortung habe.

Aber wer immer und grundsätzlich die Ent-Schuld-igung sagt „Ich kann nichts dafür!“ und seine Verantwortung leugnet und damit auch seine Schuldfähigkeit abstreitet, der macht aus dem Menschen weniger, als er ist. Das macht ihn zu einem reinen Produkt seiner Umwelt oder der Umstände. Schuld zu übernehmen, zu tragen und damit umzugehen machen den Menschen erst zu einem Wesen, das selbstständig, aber verantwortlich vor Gott und der Welt handelt. Die Botschaft des Christentums lautet: Nimm zur Kenntnis, dass du so bist, wie du bist. Aber Gott nimmt dich so an, wie du bist. – Wo so unter Menschen geredet wird, werden Sünden nicht ungeschehen, aber vergeben.