In der Schule träumen

„Nicht für die Schule lernen wir – sondern für das Leben.“ Wer kennt diesen Spruch nicht? Aber außer Zahlen, Daten, Fakten – welche Fähigkeiten und Kompetenzen braucht der Mensch wirklich für sein Leben?

Morgengedanken 1.5.2016 zum Nachhören:

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Nachdenken über mein Leben und mit Gott darüber reden. Das heißt beten. Das ließ ich die Kinder in meiner 1. Klasse Gymnasium ins Religionsheft schreiben. Danken, Loben, Klagen, Bitten.

Gisela Ebmer
ist Fachinspektorin für den evangelischen Religionsunterricht an Höheren Schulen in Wien

Auf der Suche nach dem Sinn des Lebens

Ich habe sie dann aufgefordert, sie sollen nachdenken, was heute seit dem Aufstehen in der Früh schon alles geschehen ist. Worüber haben sie sich gefreut? Wofür sind sie dankbar und können Gott dafür loben? Was hat sie geärgert? Worüber möchten sie klagen? Welche Bitte liegt ihnen am Herzen? Und da sitzt die 11-jährige Nina und sagt, es fällt ihr nichts ein. Es ist nichts geschehen. Sie hat sich über nichts gefreut, sie ist für nichts dankbar, es gibt auch keinen Ärger, es ist alles ganz normal. Sie hat auch keine Wünsche, keine Bitten, keine Träume.

Religionsunterricht heißt für mich, Kinder und Jugendliche zu begleiten auf der Suche nach dem Sinn ihres Lebens. Der Wiener Professor für Neurologie und Psychiatrie, Viktor Frankl, hat das bewusste Erleben als eine der Grundlagen für den Sinn des Lebens genannt: Die Natur und andere Menschen bewusst erleben, sie in ihrer Einmaligkeit und Einzigartigkeit Tag für Tag wahrnehmen, jeden Tag als Geschenk begreifen. Träume haben. Es gibt kein anderes Schulfach, in dem Kinder diese wichtige Lebenskompetenz lernen.