Silber und Gold

„Reden ist Silber, aber Schweigen ist Gold!“ – Mit dieser weitverbreiteten Weisheit ist Harald Kluge nicht restlos einverstanden. Und vielleicht heißt ja die „Silberne Hochzeit“ deshalb so, weil zwei Menschen auch nach 25 Jahren Ehe noch miteinander sprechen sollten.

Morgengedanken 23.7.2016 zum Nachhören:

„Reden ist Silber!“ Also feiern wir heute in meiner Reformierten Stadtkirche eine Silberhochzeit unter diesem Motto. „Reden ist Silber!“ Mir ist klar, es ist nur der erste Teil eines Spruches. „Reden ist Silber, Schweigen ist Gold.“ Aber ich denke, hier wird das Schweigen maßlos überbewertet. Nach nur 25 Jahren Ehe ist Reden durchaus noch angesagt.

Nichts schlimmer als man meint als Ehepartner, man wüsste immer schon, was der andere sagen wird. „Du Schatz, ich muss dich was fragen, aber die Antwort weiß ich, wird mir nicht gefallen.“ Es gibt nur eine Steigerung in Sachen Beziehung, die, man wüsste, was der andere denkt. Nach nur 25 Jahren Ehe und sagen wir mal jetzt insgesamt 30 Jahren Beziehung wäre es doch nett, wenn ich mich von Zeit zu Zeit vom Partner überraschen lassen will.

„Reden ist Silber.“ Reden ist angesagt, miteinander sprechen – auch mal ohne paartherapeutischer Begleitung. Je länger die Beziehung läuft, desto weniger reden die meisten Paare miteinander, heißt es. Ich hoffe als Pfarrer immer wieder doch, dass sich Paare auch bei Goldhochzeitsjubiläen nicht nur anschweigen, weil sie glauben zu wissen, was der andere denkt und sagen wird. Auch bei den Menschen, die ich am längsten in meinem Leben kenne, meinen Eltern und meiner großen Schwester, da weiß ich auch nie, was sie denken, was sie sagen werden und wie sie reagieren. Warum sollte ich also glauben, bei meiner Frau zu wissen, was sie sagen und denken wird? Am besten frage ich mal wieder bei ihr nach, wenn sich die Zeit dafür ergibt.