Die Kunst des Innehaltens

Unsere Gegenwart ist von einer extremen Beschleunigung geprägt, die sich sowohl an der zu bewältigenden E-Mail-Flut als auch an einem Arbeitsalltag erkennen lässt, der spürbar belastender geworden ist.

Morgengedanken 25.8.2016 zum Nachhören:

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Letztes Jahr entdeckte ich mitten im Urlaubsstress Pico Iyers Buch „Die Kunst des Innehaltens“, das einerseits an die großen religiösen Traditionen anschließt und nicht zufällig den katholischen Trappistenmönch Thomas Merton, den hinduistischen Propheten der Gewaltfreiheit Mahatma Gandhi, und den buddhistischen Dalai Lama als Beispiele für die Bedeutung der Stille anführt.

Wolfgang Palaver
ist Dekan der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Innsbruck

Entdeckung der Langsamkeit

Dieses Buch spricht alle Menschen an, die heute im ganz gewöhnlichen Alltag einem so noch nie dagewesenen Tempo ausgesetzt sind. Wir brauchen nur an die Flut von Emails zu denken, mit der die meisten von uns jeden Tag zu kämpfen haben. Interessant ist auch der Hinweis auf eine Untersuchung, die zeigt, dass wir obwohl wir weniger Stunden als in den 60er Jahren arbeiten, gleichzeitig das Gefühl haben, mehr zu arbeiten. Auch das hängt mit der Beschleunigung unserer heutigen Welt zusammen.

Zu Recht lautet der Untertitel der deutschen Übersetzung dieses Buches „Ein Plädoyer für Entschleunigung“. Ein wegweisendes Beispiel dafür findet Pico Iyer im kanadischen Liedermacher Leonard Cohen, der jahrzehntelang in einem buddhistischen Kloster das Leben in Stille einübte. Seine letzten Musikalben sind ganz von seiner Übung der Stille geprägt. Nicht zufällig trägt eines der letzten Lieder den Titel „Slow“ – Langsam. Vielleicht finden auch wir in den letzten Sommertagen noch Gelegenheit für die so notwendige Entdeckung der Langsamkeit.

Buchhinweis:

Pico Iyer, „Die Kunst des Innehaltens: Ein Plädoyer für Entschleunigung“, Fischer Taschenbuch