Vollkommene Sicherheit

Die aktuelle politische Lage hat den Begriff der Sicherheit ins Zentrum gesellschaftlicher Bedürfnisse gerückt. Aus guten theologischen Gründen warnt aber Wolfgang Palaver davor, die Sicherheit an oberste Stelle zu rücken.

Morgengedanken 27.8.2016 zum Nachhören:

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Die aktuelle politische Lage hat einen Begriff in den Vordergrund gerückt, den wir nicht vorschnell über alles stellen sollten. Ich spreche von der Sicherheit, nach der heute viele rufen.

Wolfgang Palaver
ist Dekan der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Innsbruck

„Friede ist das Gegenteil von Sicherheit“

Natürlich gehört die Sorge um Sicherheit zum Leben. Versicherungen, Sicherheitsgurte, Polizei und Grenzschutz haben ihre Bedeutung. Aber darf Sicherheit an die oberste Stelle der Güterordnung rücken? Zweifel sind angebracht. Das Neue Testament warnt deutlich vor der überzogenen Suche nach Sicherheit: „Während die Menschen sagen: Friede und Sicherheit, kommt plötzlich Verderben über sie“, heißt es im ersten Brief an die Thessalonicher. Ähnlich hat der Kirchenvater Augustinus erklärt, dass in der irdischen Welt niemals „vollkommene Sicherheit“ erreicht werden könne.

Der protestantische Theologe Dietrich Bonhoeffer erkannte sogar einen Widerspruch zwischen Sicherheit und Frieden und schrieb: „Es gibt keinen Weg zum Frieden auf dem Weg der Sicherheit. Denn Friede muß gewagt werden […] und lässt sich nie und nimmer sichern. Friede ist das Gegenteil von Sicherung. Sicherheiten fordern heißt Misstrauen haben, und dieses Mißtrauen gebiert wiederum Krieg. Sicherheiten suchen, heißt sich selber schützen wollen. Friede heißt sich gänzlich ausliefern dem Gebot Gottes, keine Sicherung wollen, sondern in Glaube und Gehorsam dem allmächtigen Gott die Geschichte der Völker in die Hand legen und nicht selbstsüchtig über sie verfügen wollen.“