Eine tödliche Liebe

Eine Liebesgeschichte – leider ohne „happy end“ – erzählt heute Elisabeth Steiner. Sie hat aus dem „Bärenwirt“ in Weitensfeld in Kärnten ein Flüchtlingsquartier gemacht. Und ihre Geschichte wirft die Frage auf, was denn als „Fluchtgrund“ anerkannt werden sollte.

Morgengedanken 10.9.2016 zum Nachhören:

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Auch wir Flüchtlingshelfer sind voll von den Bildern, die die flüchtende Menschen bei und in sich tragen – wie jenes eines bildhübschen, jungen afghanischen Mädchens, vollkommen verhüllt in weiße Leinentücher. Nur das Gesicht ist freigelassen. Es ist ein Leichnam, dem hier im Rahmen einer Begräbniszeremonie Achtung gezollt wird. Ich weiß nicht, ob der Vater, die Mutter, die Brüder der jungen Frau an der Bahre getrauert haben. Wahrscheinlich doch. War sie doch eine der ihren gewesen. Bis zu einem bestimmten Tag.

Elisabeth Steiner
ist Journalistin und Flüchtlingshelferin. In Weitensfeld im Gurktal in Kärnten hat sie den „Bärenwirt“ zu einem Flüchtlingsquartier gemacht.

Verbrechen: Liebe

An dem Tag verliebte sie sich in einen jungen Mann, er kaum 19 Jahre alt. Sie gingen in Kabul spazieren, Hand in Hand, sie lachten miteinander, schmiedeten Pläne miteinander, wollten einfach nur zusammen sein. Die Hochzeit wurde vorbereitet, alles war bereit. Dann wurde die Braut entführt und im Auftrag ihrer eigenen Familie getötet – ein Ehrenmord. Das Verbrechen der beiden: Sie hatten sich geliebt.

Den jungen Mann beschwor sein Vater nach Europa zu flüchten, denn er befürchtete, dass seinem Sohn dasselbe wiederfahren würde. Was sagen wir diesem jungen Mann? Deine Liebessachen gehen uns nichts an. Oder zeigen wir ihm, wie man in einer offenen, freien Gesellschaft lieben darf, ohne den Tod fürchten zu müssen?