Das Leben ist schön

Ein Krankenhausseelsorger bekommt viel zu hören – was Menschen alles erlebt, erlitten und mitgemacht haben. Erwin Löschberger berichtet heute in seinen Morgengedanken von einem ganz besonders erschütternden Schicksal.

Morgengedanken 18.10.2016 zum Nachhören:

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Als Krankenhausseelsorger komme ich mit einem Mann ins Gespräch, der wenige Zähne hat, fette Haare, der Unterschenkel ist amputiert. Da er mich von einem Besuch auf dem Krankenzimmer kennt, will er mit mir reden. „Habens Zeit?“

Erwin Löschberger
ist römisch-katholischer Pastoralassistent und Krankenhaus- und Pflegeheim-Seelsorger in Graz

Lebenswillen

Eineinhalb Stunden hat er mir von sich erzählt. Er wurde in eine zerrüttete Familie hineingeboren, beide Eltern waren Alkoholiker. Er hat viel Gewalt am eigenen Leib erlebt und hat auch viel Gewalt gesehen. In dem Milieu, in dem er lebte, wurde viel Heroin gespritzt und in großen Mengen Alkohol getrunken. Das alles hört sich nicht gut an. „Und jetzt, wie geht es ihnen heute?“ Er sagt ganz selbstverständlich: „Ich will leben, ich will noch Schönes erleben. Und danke, dass Sie sich das alles angehört haben ohne mir Ratschläge zu geben.“

Ich bin heute noch fasziniert von seinem Lebenswillen, trotz so vieler belastender Erfahrungen, trotz großer körperlicher Einschränkungen, will er unbedingt noch leben. Ich wünsche Ihnen für den heutigen Tag einen wachen Blick und offene Ohren, damit sie nicht übersehen oder überhören, was das Leben alles zu bieten hat. Das Leben ist schön!