Friedensbotschaft

Zwei Städte beherrschten die Berichterstattung in der letzten Woche vor Weihnachten: Berlin und Aleppo.

Zwischenruf 25.12.2016 zum Nachhören:

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Im Herzen Berlins raste ein tonnenschwerer Sattelschlepper in einen Weihnachtsmarkt. Er zog eine Schneise der Verwüstung und hinterließ mehrere Tote und Schwerverletzte. Der Islamische Staat hat sich zu diesem grausamen Anschlag bekannt.

Thomas Hennefeld
ist Landessuperintendent der evangelisch-reformierten Kirche in Österreich

Fanatismus und Hass

Viele Menschen stehen noch heute unter Schock, fragen sich, wie das möglich sein konnte. Wie viel blinder Fanatismus und Hass müsse ein Mensch in sich haben, um das Leben unschuldiger Menschen in wenigen Sekunden auszulöschen. In die Trauer und Fassungslosigkeit mischten sich Zorn und Empörung. Schon wenige Stunden nach der Tat, zu einem Zeitpunkt, zu dem noch unklar war, ob es sich um einen Unfall oder einen Anschlag handelte, wollten manche Politikerinnen und Internetuser schon wissen, wer die Schuldigen seien: die Muslime, die Flüchtlinge, eine Regierung , die so blauäugig ist, jeden herein zu lassen und die eigene Bevölkerung nicht schützt. Und immer wieder ist der trotzige Satz zu hören: „Wir werden unsere Lebensweise nicht aufgeben.“

Es mag sein, dass einzelne Attentäter von Hass angetrieben sind. Aber im Prinzip verlaufen die Attentatspläne des Islamischen Staates, ihre Rekrutierungsbemühungen und Drohungen, Ziele in Europa anzugreifen, durchaus nach rationalen Mustern, nach der Devise: Ihr bekämpft uns, um uns aus unseren Territorien zu vertreiben, und wir schlagen dort zu, wo es uns möglich ist, um euch zu verwunden und Leid zuzufügen.

Die Tore der Hölle

Und Aleppo? So martialisch sich Politikerinnen und Politiker nach Anschlägen in Europa äußern, so untätig und ohnmächtig schaut der Westen dem Massenmorden des Assad-Regimes und seiner Verbündeten zu. Das stille Sterben und massenhafte Töten u.a. durch Fassbomben und Giftgas sind keine großen Schlagzeilen mehr wert, und sie gehen vor den Augen der Weltöffentlichkeit völlig ungestraft vor sich.

Zwischenruf
Sonntag, 25.12.2016, 6.55 Uhr, Ö1

Erst mit der Eroberung Ostaleppos erhöhte sich wieder die mediale Aufmerksamkeit. Da wurde die Stimme eines Mannes eingefangen, der verzweifelt in ein Mikrophon schrie: „Bei uns haben sich die Tore der Hölle geöffnet.“ Was in Syrien passiert, ist für uns tragisch aber irgendwie weit weg. Der Terror in der Nachbarschaft ist viel konkreter und bedrohlicher.

Sehnsucht nach Sicherheit und Frieden

Aber hier wie dort feiern Menschen das Weihnachtsfest, sehnen sich nach Sicherheit und Frieden. Die weihnachtliche Botschaft ist eine Friedensbotschaft, und zwar nicht für ein paar Auserwählte, sondern für die ganze Welt. Nach christlicher Vorstellung ist Gott Mensch geworden im hintersten Winkel des Römischen Reiches, unter militärischer Fremdherrschaft, gefährdet an Leib und Leben und zur Flucht gezwungen.

Wo immer uns Gewalt, Leid und Tod begegnen, gilt es diese globale Botschaft zu verbreiten anstatt sich in einer Mischung aus Rachedurst und Selbstgerechtigkeit zu ergehen. Aus der Freiheit, die Gott geschenkt hat, erwachsen Verantwortung für die Mitmenschen und die Welt.

Ich habe noch die Stimmen von Politikern nach den Anschlägen in Paris und Nizza in den Ohren, Stimmen von sogenannten gemäßigten und scheinbar verantwortungsbewussten Staatslenkern. Da hieß es: „Wir werden nicht eher ruhen, bis die Täter gefasst sind, bis die Netzwerke des Terrors zerschlagen sind, bis die Terroristen ausgelöscht sind.“

Christen und Muslime beten um Frieden

Die christliche Antwort auf Gewaltakte wie auf Flaniermeilen, Flughäfen oder Weihnachtsmärkten oder mitten in Städten wie Aleppo oder Mossul muss aber lauten: Wir werden nicht eher ruhen, bis wir alles Menschenmögliche getan haben, um Frieden zu stiften und dem Morden ein Ende zu bereiten. Wir werden nicht eher ruhen, ehe die Ursachen von Gewalt beseitigt sind. Wir werden jetzt erst recht verstärkt den Kontakt zu Muslimen suchen, die von solchen Attentaten genauso betroffen sind wie Christen, aber für die Gewalttaten immer wieder pauschal verantwortlich gemacht werden. Es hat sich gut gefügt, dass gerade einen Tag nach dem Anschlag in Berlin in Wien-Favoriten ein christlich-muslimisches Friedensgebet stattgefunden hat, und es dürfte allen gut getan haben, Christen und Muslimen.

Gott hat zu Weihnachten eine starke Ansage gemacht: Frieden und Gerechtigkeit zu bringen für alle Menschen auf dieser Welt. In diesem Sinnen darf ich uns allen ein gesegnetes und friedvolles Weihnachtsfest wünschen.