Neujahrskonzert

Vielleicht muss man erst in die Slums von Nairobi reisen, um zu erkennen, dass wir es hier in Österreich gar nicht so schlecht haben. Trinkbares, zum Beispiel – oder regelmäßige Müllabfuhr.

Morgengedanken 15.1.2017 zum Nachhören:

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Als ich am Neujahrstag aufgestanden bin, führten mich meine ersten Wege auf die Toilette und ins Badezimmer. So kann das neue Jahr beginnen, denk ich mir. Mit einem WC im Haus und fließendem Wasser. Es ist sogar Trinkwasser. Nach dem Duschen lass ich direkt aus der Leitung Wasser in ein Glas laufen und trink es genüsslich. Dann mach ich mir einen Tee – den Strom zum Wasserkochen hab ich auch im Haus. Ich stelle die von den Weihnachtsfeiertagen und Silvester volle Mülltonne vor die Haustür. Die wird abgeholt. Dann wird gefrühstückt.

Christian Herret
ist Referent für Öffentlichkeitsarbeit der Dreikönigsaktion, des Hilfswerks der Katholischen Jungschar

Bilder zum Neujahrskonzert

Klingt alles banal und selbstverständlich, ist es aber nicht. Heuer war ich in Nairobi in den größten Slums Afrikas. Die Lebensbedingungen dort sind mehr als hart: In einem Meer aus Wellblechhütten leben dichtgedrängt Millionen von Menschen auf engstem Raum. Leben im Slum heißt leben ohne Wasserleitung, ohne Toilette und Kanalisation. Leben im Slum heißt leben inmitten von stinkendem Müll, wo Gewalt und Kriminalität Alltag sind - oft ohne zu wissen, wo das Essen für morgen herkommt.

Warum mir das gerade zu Neujahr eingefallen ist? Wenn Millionen Menschen dem Neujahrskonzert lauschen und passend zur Musik Fernsehbilder Österreich von seiner schönsten Seite zeigen, dann stell ich mir manchmal vor, dass sie Bilder von Wasserhähnen zeigen, aus denen Trinkwasser kommt. Dass zur Walzermusik Busse und Züge herumfahren, so als würden sie tanzen. Menschen, die zur Arbeit fahren steigen ein und aus. Und zu Johann Strauß sieht man Aufnahmen von Spitälern, wo man sich um Kranke kümmert. Eigentlich bin ich darauf mehr stolz, als auf schöne Landschaften und Kulturdenkmäler.