Feste strukturieren die Zeit

Jeder Kalender legt eine Struktur über eine vom Lauf der Gestirne abgeleitete Zeitspanne, er konzipiert das Jahr als eine determinierte Zeit. Der europäische Kalender wurde 1582 von Papst Gregor XIII. eingeführt. Das christliche Osterfest als zentrales Fest ist am ersten Vollmond nach der Frühlings-Tag- und Nachtgleiche orientiert. Daher ergeben sich bewegliche Feste.

Gedanken für den Tag 31.1.2017 zum Nachhören:

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Die orthodoxen Christen feiern nach dem älteren Julianischen Kalender. Daher verschieben sich die Festzeiten gegenüber den westlichen Christen. Die unterschiedlichen Kalendersysteme stellen auch Etappen der Religionen-Geschichte dar.

Die jüdische Religion verwendet einen Luni-Solarkalender. Dieser Mondkalender hält über Einschubmonate die beweglichen Feste in einem jahreszeitlichen Rahmen. Der Kalender der Muslime ist ein reiner Mondkalender; die beweglichen Feste „wandern“ durch das gesamte Jahr.

Ulrike Kammerhofer
ist Leiterin des Salzburger Landesinstituts für Volkskunde

Lebenslauf im Kalender

Jeder Kalender strukturiert die Zeit, er macht sie zählbar und erfahrbar. Strukturen und Termine heben die Flüchtigkeit der Zeit auf und messen Abläufe. Auch die menschliche Leistung lässt sich als „Arbeit in der Zeit“ dokumentieren — nicht zuletzt als Grundlage für ein positives Selbstwertgefühl.

Der Kalender gibt eine lineare Zeit vom 1. Jänner bis zum 31. Dezember vor. Die 52 nummerierten Kalenderwochen stellen einen abstrakten und emotionslosen Aktionsrahmen für den Alltag dar; sie teilen diesen in Arbeitstage, Wochenenden und Feste.

Diesen Rahmen haben Staat und Religionen mit Festterminen besetzt und damit Qualitäten in die Zeit eingebracht. Denn Qualität kann subjektiv bewertet und empfunden, erinnert und auch reproduziert werden. Kalendertage werden zu sozial und emotional besetzten Terminen, zu einer Zeit mit Erfahrungswerten und Erinnerungen.

Über konkrete Termine und Erfahrungen verbindet sich der Kalender auch mit dem einzelnen Menschenleben. Es entstehen individuelle Kalender, die den eigenen Lebenslauf über Ereignisse in Erinnerung halten.

Buchhinweis:

Ulrike Kammerhofer-Aggermann, Michael J. Greger (Hgg.), „Feste, Bräuche, Feiertage der Religionen in Österreich - wie, wann, wozu?“, Salzburger Beiträge zur Volkskunde 22, volkskunde.slivk@salzburg.gv.at

Musik:

Michala Petri/Blockflöte und Academy of St. Martin in the Fields unter der Leitung von Iona Brown: „Les plaisirs - 2. Satz“ aus: Suite für Blockflöte, Streicher und Continuo in a-moll von Georg Philipp Telemann
Label: Philips 4100412