Kuschelobjekt oder Begleiter

Eine Veganerin sagte: „Ein Tier ist mir hundertmal wichtiger als ein Mensch!“ Viele Tierschützer denken so, auch viele alte Menschen, deren einziger Ansprechpartner das geliebte Haustier ist. Geld, Zeit und viel Gefühl investieren diese Personen in ihre Tiere.

Gedanken für den Tag 11.2.2017 zum Nachhören:

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Ich finde das schön, und bin selbst nicht frei von dem Wunsch, Tiere zu verzärteln. Aber – wenn wir mit Tieren leben, sollte man sie mit Vernunft pflegen und erziehen, und nicht vermenschlichen. Ein Bekannter von mir liebte seinen Pitbull über alles. Er prahlte damit, dass „dieser Killerhund sanft wie ein Schaf“ sei, mit ihm im Bett schlafe, und niemandem etwas antun würde. Stolz demonstrierte er: „Platz! Steh! Geh! Lauf!“ Der Hund folgte. Dann streckte der Besitzer seinen Zeigefinger aus und rief: „Such!“ Der Pitbull richtete sich auf und biss ihm den Finger ab. Dann spuckte er ihn vor die Füße seines Herrn. Naja, übertriebene Tierliebe, ohne Gefühl für das Tier, kann gefährlich sein.

Topsy Küppers
ist Schauspielerin und Autorin. Ihr Buch „Mein Ungustl - ein widerlicher Gast“ ist im Verlag Langen-Müller erschienen.

Jedes Jahr gebe ich eine Lesung für den Hilfsverein der Blinden und Sehschwachen in Wien. Manche Besucher kommen mit ihren Blindenhunden. Ich frage eine blinde Frau, ob ich ihren Hund streicheln dürfe. „Bitte nicht“, antwortet sie, „er muss jetzt arbeiten“. „Arbeiten?“, fragte ich. „Ja, er darf während der Veranstaltung keinen Muckser machen“. Dann sagt sie leise: „Sitz“. Über eine Stunde saßen die Blindenhunde still neben ihren Besitzern und hörten zu, so als würden sie jedes Wort verstehen. Keine als Statussymbole oder Kuschelobjekte missbrauchten Geschöpfe, sondern zuverlässige Begleiter durch ein schweres Leben.

In alten Aufzeichnungen liest man, dass Franz von Assisi mit den Tieren gesprochen hat, sie ihm folgten und zuhörten. Wohl deshalb ist der Heilige Franziskus auch der Schutzpatron der Tierärzte. Und hat nicht Jorge Mario Bergoglio, als er Papst wurde, den Namen Franziskus deshalb gewählt, damit auch wir wieder lernen, zuzuhören?

Musik:

Barbara Moser/Klavier: „Die Forelle“ von Franz Schubert
Label: ORF Radio Wien CD 18 < LC 5130 >