Friedensvision

Peter, ein ehemaliger Kindersoldat aus dem Südsudan, lebt jetzt in Deutschland. Was er über seine Kindheit erzählt, bewegt mich tief.

Zwischenruf 12.2.2017 zum Nachhören:

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„Als ich etwa 13 Jahre alt war, war meine Kindheit vorbei. Ich bin zum Krieg gezwungen worden. Mein Leben und das Leben anderer Kinder wurden aufs Spiel gesetzt. Wir kannten keine Eltern mehr, das AK 47-Gewehr sollte mein Leben begleiten (...). Wenn ich an (...) meine verlorene Kindheit denke, möchte ich zuerst sagen, dass jedes Kind auf der Welt es verdient hat, ein Kind zu sein. Aber Kindersoldaten haben alle ihre Kindheit verloren. ‚Das Kindsein’ ist durch die AK 47 ersetzt worden.“

Olivier Dantine
ist Superintendent der evangelisch-lutherischen Diözese Salzburg/Tirol

250.000 Kindersoldaten weltweit

Was Peter erleben musste, ist bei weitem kein Einzelfall. Schätzungen zufolge werden weltweit etwa 250.000 Kindersoldaten in Armeen oder Rebellenverbänden eingesetzt, und zwar in nahezu allen aktuellen bewaffneten Konflikten. Die Gründe für den Einsatz von Kindersoldaten folgen einer sehr grausamen Logik: Je nach Alter können Kinder nicht zur Gänze zwischen moralisch gut und böse oder zwischen Abenteuer und Realität unterscheiden. Bis zu einem bestimmten Alter haben Kinder keine Vorstellung von der Endgültigkeit des Todes. Kinder haben ein anderes Risikobewusstsein als Erwachsene und nicht zuletzt sind Kinder leichter manipulierbar und ihr Einsatz kostet weniger.

Heute vor 15 Jahren, am 12. Februar 2002, trat das Zusatzprotokoll zur UN-Kinderrechtskonvention über die Beteiligung von Kindern an bewaffneten Konflikten in Kraft. Bisher haben 92 Länder dieses Zusatzprotokoll unterschrieben, eine Reihe von Organisationen wie zum Beispiel UNICEF und Amnesty International engagieren sich gegen den Einsatz von Kindersoldaten.

Geraubte Kindheit

Unter Kindersoldaten versteht man alle Personen unter 18 Jahren, die von Streitkräften und anderen bewaffneten Gruppen rekrutiert werden. Es zählen dazu ausdrücklich auch Kinder, die nicht direkt für Kampfhandlungen eingesetzt werden, sondern etwa in der Versorgung, in der Nachrichtenübermittlung und Spionage. Eine Gruppe von Kindern darf auch nicht vergessen werden: Jene, die von bewaffneten Gruppen und Armeen gezielt zum sexuellen Missbrauch rekrutiert werden.

Zwischenruf
Sonntag, 12.2.2017, 6.55 Uhr, Ö1

Kinder für kriegerische Zwecke einzusetzen ist eine besonders grausame Art des Missbrauchs. Ihnen wird die Kindheit geraubt, sehr viele bleiben schwer traumatisiert. Das muss dann beachtet werden, wenn ehemalige Kindersoldaten als Flüchtlinge zu uns kommen. Sie sind besonders verletzlich und das muss in der Betreuung und im Asylverfahren deutlich berücksichtigt werden.

Ein weiterer Aspekt ist, was der Einsatz von Kindersoldaten für eine Gesellschaft bedeutet: Selbst wenn kriegerische Auseinandersetzungen irgendwann ein Ende haben: Wie soll eine friedliche Gesellschaft aufgebaut werden, wenn schon Kinder nichts anderes als das Kriegsgeschäft gelernt haben? Der Einsatz von Kindersoldaten – und das gehört wohl auch zum grausamen Kalkül – torpediert jegliche Friedensbemühungen.

Schwerter zu Pflugscharen umschmieden

Kinder und Jugendliche zu schützen vor Krieg und Gewalt, sie auch vor einer möglichen Faszination gegenüber Kriegsgerät zu bewahren, gehört zum Engagement gegen den Missbrauch von Kindern und Jugendlichen für militärische Zwecke. Hier zielt Kritik auch auf demokratische Länder, die selbstverständlich keine Kinder in den militärischen Einsatz schicken, aber doch schon bei Jugendlichen für ihre Streitkräfte werben. Da ist schon eine Grenze überschritten. Nicht Krieg sollen Kinder und Jugendliche lernen, sondern Frieden.

Der Prophet Jesaja beschreibt in der Bibel eine Friedensvision, wonach alle Völker ihre Schwerter zu Pflugscharen umschmieden werden und nicht mehr lernen, Krieg zu führen. Das ist also die Hoffnung für den Frieden, dass nicht nur irgendwann die Waffen schweigen, sondern dass das Kriegshandwerk von Kindesbeinen an erst gar nicht mehr erlernt wird und Waffen eben nicht zur Normalität gehören. Die Basis für den Frieden wird in der Kindheit gelegt, Kinder nicht für irgendwelche Zwecke zu gebrauchen, schon gar nicht für Krieg; ihnen eine geborgene und friedliche Kindheit zu ermöglichen und sie zur Gewaltfreiheit zu erziehen: So ist in ihnen der Same für den Frieden gesetzt, der hoffentlich einmal aufgehen wird.