Postings

Als vor einigen Jahren bei den Online-Fassungen der Zeitungen die Möglichkeit geboten wurde, zu einem Artikel im Anhang auch persönliche Anmerkungen zu posten, da hofften viele auf eine unglaubliche Demokratisierung unserer Gesellschaft.

Gedanken für den Tag 18.2.2017 zum Nachhören:

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Man dachte, dass damit in der Öffentlichkeit ein ergänzender Dialog zu den angerissenen Themen entstehen würde. Heute wissen wir, dass es anders ist: Posts in Zeitungen dienen in der Regel nur mehr der Beschimpfung des jeweils anders Denkenden.

Noch krasser stellen sich solche Phänomene in social media-Plattformen dar und gipfeln in den derzeit ja in aller Munde befindlichen Hasspostings und Shitstorms. Wie kann man diesem Phänomen begegnen und was sollen wir unseren Kindern für ein Werkzeug mitgeben, um nicht ungewollt selbst Teil einer solchen Kampagne zu werden?

Golli Marboe
arbeitet als Journalist - war viele Jahre TV Produzent und ist heute außerdem Obmann des von ihm gegründeten Vereins VsUM - des Vereins zur Förderung eines selbstbestimmten Umgangs mit Medien.

Gewaltentrennung im Netz

Erstens, wozu gibt es Nicknames? Wenn man seine Meinung öffentlich kundtun möchte, dann soll man das doch unter dem eigenen Namen tun. Würden Sie, wenn Sie jemandem persönlich vorgestellt würden einen anderen Namen sagen als ihren tatsächlichen? Warum dann im Netz, das doch längst ein ganz selbstverständlicher Teil unseres Alltags geworden ist?

Zweitens warum gibt es Postings, wenn es doch Journalisten gibt. Ein Journalist, eine Journalistin machen sich kundig, um einen differenzierten Inhalt bestmöglich zu erläutern.

Drittens sollte man Kampagnen in social media-Foren nur in wirklich relevanten Ausnahmefällen weiterleiten.

Und viertens, wenn man mitbekommt, dass jemand persönlich attackiert wird, dann muss man sich mit der verunglimpften Person solidarisieren, immer wieder darauf hinweisen, dass es sich bei gemobbten Klassenaußenseitern, aber selbst bei ehemaligen Finanzministern oder auch bei der First Lady des aktuellen amerikanischen Präsidenten um Menschen handelt, die nicht nur selbst auch Gefühle und Würde besitzen, sondern eben auch ein Umfeld mit Verwandten und Kindern haben.

Wir dürfen im Netz die Gewaltentrennung nicht aufheben. Wir sind keine Ankläger und Richter in einer Person. Oder, um wieder mit Martin Buber zu sprechen: „Die Geschöpfe sind mir in den Weg gestellt, damit ich, ihr Mitgeschöpf, durch sie und mit ihnen zu Gott finde“.

Musik:

Branford Marsalis/Sopransaxophon und English Chamber Orchestra Chorus mit English Chamber Orchestra unter der Leitung von Andrew Litton: „Pavane in fis-moll op. 50“ von Gabriel Faure, Bearbeitung für Saxophon, Chor u.Orchester von Michel Colombier
Label: CBS MK 42122