Von der Ehe

Im Rahmen des Ö1-Schwerpunktes „Nebenan - Erkundungen in Europas Nachbarschaft: Libanon“ liest der Schauspieler Harald Windisch einen Text des libanesischen Dichters Khalil Gibran.

Gedanken für den Tag 17.3.2017 zum Nachhören:

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Da sprach Almitra abermals und sagte:
Und was ist mit der Ehe, Meister?
Und er antwortete und sprach:
Ihr wurdet zusammen geboren, und ihr werdet auf immer zusammen sein.
Ihr werdet zusammen sein, wenn die weißen Flügel des Todes eure Tage scheiden,
Ja, ihr werdet selbst im stummen Gedenken Gottes zusammen sein.
Aber lasst Raum zwischen euch.
Und lasst die Winde des Himmels zwischen euch tanzen.
Liebt einander, aber macht die Liebe nicht zur Fessel:
Lasst sie eher ein wogendes Meer zwischen den Ufern eurer Seelen sein.
Füllt einander den Becher, aber trinkt nicht aus einem Becher.
Gebt einander von eurem Brot, aber esst nicht vom selben Laib.
Singt und tanzt zusammen und seid fröhlich,
aber lasst jeden von euch allein sein,
So wie die Saiten einer Laute allein sind und
doch von derselben Musik erzittern.
Gebt eure Herzen, aber nicht in des anderen Obhut.
Denn nur die Hand des Lebens kann eure Herzen umfassen.
Und steht zusammen, doch nicht zu nah:
Denn die Säulen des Tempels stehen für sich,
Und die Eiche und die Zypresse wachsen nicht im Schatten der anderen.

Buchhinweis:

Khalil Gibran, „Der Prophet“, dtv-Taschenbuch

Musik:

Zbigniew Paleta/Violine und The String Sextet unter der Leitung von Zbigniew Paleta: „Morning At The Hotel“ aus: Drei Farben: Weiß / Original Filmmusik von Zbigniew Preisner
Label: Virgin 394722