„Von Kult und Zauber“ - Parsifal

... und das Sehnen nach Erlösung

Unmittelbar vor Beginn der Ö1-Übertragung von „Parsifal“ aus der Wiener Staatsoper (eine Aufzeichnung der Premiere vom 30. März, Regie und Bühne: Alvis Hermanis, Dirigent: Semyon Bychkov) widmet sich LOGOS am Karsamstag den Motiven für diese - und in dieser - Oper, die auf den Versroman „Parzival“ von Wolfram von Eschenbach aus dem 13. Jahrhundert zurückgeht.

Bühnenweihfestspiel

Schon allein die Bezeichnung, die Richard Wagner seinem „Parsifal“ gab, lässt Religiöses erwarten: Bühnenweihfestspiel. Immer wieder war er in seinen Opern um die Themen Leiden und Erlösung – in einem durchaus religiösen Sinn - gekreist, im „Parsifal“, seinem letzten Bühnendrama, sehen viele Kommentatoren eine Summe seiner Bemühungen, Transzendenz künstlerisch zu fassen.

Hinweis:
Operübertragung: Richard Wagner „Parsifal“, 15.4.2017, 19.30 Uhr, Ö1

Während seiner Arbeit am „Parsifal“ schrieb er 1880 in „Religion und Kunst“, einer seiner Hauptschriften: „Man könnte sagen, dass da, wo die Religion künstlich wird, der Kunst es vorbehalten sei, den Kern der Religion zu retten, indem sie die mythischen Symbole, welche sie im eigentlichen Sinne als wahr geglaubt wissen will, ihrem sinnbildlichen Werte nach erfasst, um durch ideale Darstellung derselben die in ihnen verborgene tiefe Wahrheit erkennen zu lassen.“

Jesus, Psychoanalyse und Antisemitismus

Nach den Worten der Musikwissenschaftlerin und Philosophin Ulrike Kienzle hatte Wagner zeitlebens ein enges Verhältnis zu Jesus als Religionsstifter, der in seinen Augen vor allem durch sein freiwilliges Leiden und Mitleiden ein Beispiel für die Menschheit gegeben habe. Unter der Perspektive des Buddhismus und der von Schopenhauer geprägten Mitleidsethik habe er in Jesu freiwilligem Leiden ein Beispiel gesehen, wie der Egoismus überwunden werden kann. Und, so Kienzle: „Durch das Gralsmysterium rückt Christus in den Mittelpunkt des Dramas. Die Ritter wiederholen im Gralsritus täglich die mystische Vereinigung mit Christus.“ Auf dem Höhepunkt der Feier seien die Worte zu hören „Nehmet hin mein Blut, nehmet hin meinen Leib, auf dass ihr mein gedenkt“.

Logos
Samstag, 15.4.2017, 19.05 Uhr, Ö1

Doch auch die Psychoanalyse kommt ins Spiel, etwa in der Figur der Kundry, die ihr Ur-Trauma, Christus am Kreuz verlacht zu haben, in ihren wiederkehrenden Existenzen immer wieder durchleben müsse. Zugleich werde mit der Figur der Kundry der Mythos des ewigen Juden - der ewigen Jüdin - dramatisiert. Ein Zeichen für Wagners Antisemitismus, so Kulturwissenschaftler Hartmut Zelinsky. Kundry kann am Ende nur durch die Taufe und den Tod erlöst werden. Hier greift er, der Antijudaismus. Über den geldgierigen Beckmesser in den „Meistersingern von Nürnberg“ bis zu Klingsor im Parsifal.

Schließlich entmannt sich Klingsor, um zur Gralsgemeinschaft zu gehören. Doch trotz dieser Selbstaufgabe seiner Identität bleibt er ein Ausgestoßener. Es schließt sich, meint Zelinsky, der Kreis der jüdischen Selbstverleugnung bis zur Assimilation, die, wie die Geschichte gezeigt habe, der Ausgrenzung und tödlichen Verfolgung nicht entgegenwirken kann.

Gestaltung: Martin Gross

Logos 15.4.2017 zum Nachhören:

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