Gottesfurcht

Ein strafender Gott im so genannten Alten Testament – und der „Gott der Liebe“ im Neuen Testament. So teilen nach wie vor viele Menschen die Bibel – und das christlich-jüdische Gottesbild. Einem prüfenden Blick auf die Schrift hält dieses Klischee aber nicht Stand.

Morgengedanken 24.4.2017 zum Nachhören:

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Muss ich vor der Allmacht Gottes Angst haben? Ich beobachte, dass diese Frage vor allem ältere Menschen beschäftigt, die in ihrer Kindheit mit einem autoritären Gottesbild konfrontiert wurden. Manche Menschen identifizieren den Gott des Alten Testaments mit einem strengen und strafenden Gott. Im Neuen Testament hingegen finden sie den Gott der Liebe und der Barmherzigkeit.

Roland Werneck
ist evangelisch-lutherischer Pfarrer in Wels in Oberösterreich

Die gute Nachricht

Das ist ein weit verbreiteter Irrtum, der die Bibel in ihrer bunten Vielfalt nur sehr reduziert wahrnimmt. In den Psalmgebeten des Alten Testaments finden wir sehr häufig das Bild eines tröstenden und gnädigen Gottes, der den Verzweifelten Hoffnung und Halt gibt. Viele evangelische Christen können den 23. Psalm auswendig, in dem Gott mit einem guten Hirten verglichen wird, der seine Herde auch in dunklen Zeiten nicht im Stich lässt. In der Sprache Martin Luthers heißt es da: „Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück. Dein Stecken und Stab trösten mich.“

Das Evangelium, die gute Nachricht von einem gnädigen Gott finde ich in der Bibel sowohl im Alten als auch im Neuen Testament. Es war eine Errungenschaft der Reformation vor 500 Jahren, zu erkennen, dass Gott den einzelnen Menschen auch mit seinen Schwächen und Fehlern annimmt. Vor einem solchen Gott brauche ich keine Angst zu haben.