Gesetz und Evangelium

Vielleicht klingt es wie ein Widerspruch in sich – aber Regeln sind oft dafür da, damit die Menschen in Freiheit leben können. Regeln engen nicht immer ein – sie ermöglichen auch viel.

Morgengedanken 25.4.2017 zum Nachhören:

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Die Lehre der evangelischen Kirche wurde lange Zeit von einem Gegensatzpaar bestimmt. Auf der einen Seite gibt es das Gesetz, das dem Menschen Grenzen setzt, auf der anderen Seite das Evangelium, das ihn aus seiner Sündhaftigkeit befreit.

Roland Werneck
ist evangelisch-lutherischer Pfarrer in Wels in Oberösterreich

Alles, was uns unfrei macht

In der Einleitung zu den Zehn Geboten stellt sich Gott seinem Volk Israel so vor: „Ich bin der HERR, dein Gott. Ich habe dich aus der Knechtschaft in Ägypten befreit.“ Für mich ist das die schönste Bibelstelle, die zeigt, dass es diesen Gegensatz von einengenden Gesetzen und befreiendem Evangelium in der Bibel so nicht gibt. Diese Erinnerung an die Befreiung ist eine Art Überschrift für die Gebote: Gott sagt hier: Sie sind dazu da, dir ein Leben in Freiheit zu ermöglichen. Martin Luther hat in seinem Katechismus genau diesen Halbsatz mit der Befreiung aus Ägypten weggelassen, weil er gemeint hat, das ist für uns Christen nicht so wichtig.

Schade! Ich bin davon überzeugt: Gott will die Menschen befreien. Die Knechtschaft in Ägypten, das bedeutet für uns heute alles, was uns unfrei macht: verschiedene Süchte, Schuldverstrickungen und zu hohe Ansprüche an uns selbst, an denen viele zerbrechen. Gott sagt nicht: Du musst perfekt sein! sondern: Ich meine es gut mit dir!