Einkehr im Gefängnis

Als „Fresser“ und „Säufer“ wurde Jesus von Nazareth oft beschimpft, so berichten es die Evangelien. Er hat auch nicht immer nur die Gesellschaft der „Braven“ und „Anständigen“ gesucht. Von seinen Besuchen im Gefängnis berichtet Roland Werneck heute.

Morgengedanken 28.4.2017 zum Nachhören:

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Einmal im Monat feiere ich Gottesdienst im Gefängnis. In der Kapelle versammeln sich am Freitag um 11 Uhr ungefähr 20 Frauen und Männer. Von den meisten weiß ich nicht, warum sie in Haft sind, ob sie Betrüger, Drogendealer oder Gewalttäter sind. Wenn wir uns im Namen des barmherzigen Gottes versammeln und gemeinsam singen und beten, sind es für mich Menschen, die gekommen sind, weil sie etwas suchen und brauchen.

Roland Werneck
ist evangelisch-lutherischer Pfarrer in Wels in Oberösterreich

Die Möglichkeit, neu anzufangen

Aufatmen können mitten am Tag, zur Ruhe und zum Nachdenken kommen. Einen Anstoß, einen Gedanken mitnehmen, der weiterhilft. Beim letzten Mal habe ich mit meinem Kollegen, der mich manchmal begleitet, die biblische Geschichte von Zachäus vorgespielt. Ein Betrüger, mit dem niemand etwas zu tun haben will. Ausgerechnet ihn sucht sich Jesus als Gastgeber aus. Jesus sagt: „Heute muss ich in deinem Haus einkehren!“

Denen, die das mitkriegen, ist das gar nicht recht. Soll Jesus bei einem Sünder einkehren? Ja, genau! Jesus kommt zu den Betrügern, Drogendealern und Gewalttätern ins Gefängnis. Er feiert mit denen Gemeinschaft, mit denen niemand etwas zu tun haben will! Der Betrüger Zachäus hat nach der Begegnung mit Jesus den Schaden wieder gutgemacht. Jeder Mensch - auch im Gefängnis - hat die Möglichkeit, noch einmal neu anzufangen!